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H. Das Zeitalter des Absolutismus 1650-1803

- Die äußeren Verhältnisse -

1. Die pfälzische Geschichte im 17. und 18. Jahrhundert

Nach dem Dreißigjährigen Krieg spielte die Pfalz nur noch eine bescheidene Rolle:
aus dem ersten Kurfürstentum war das unbedeutendste geworden. Kurbayern als
Inhaber der alten pfälzischen Kurwürde wachte eifersüchtig über seine neu erworbe-
nen Vorrechte. So mußte Kurfürst Karl Ludwig (1648-1680) auf das hohe Ehrenamt
eines Erztruchsessen des Reiches verzichten. Als Ersatz hatte man für seine achte
Kurwürde das Amt des Erzschatzmeisters geschaffen. Nach dem Tode Kaiser Ferdi-
nands III. 1657 verdrängte Bayern die Pfalz auch aus dem Reichsvikariat, das noch
vor dem Kurrecht eines der ältesten Privilegien der Pfalzgrafen gewesen war. Das
zentrale auswärtige Problem aber war die Nachbarschaft zu Frankreich, das unter
der langen Regierung Ludwigs XIV. (1643-1715) in einer kriegerischen Politik seine
Grenzen auf Kosten des Deutschen Reiches ausdehnte. Dabei war die Pfalz für
Frankreich natürlich kein ernstzunehmender Machtfaktor, sondern Objekt skrupel-
loser Machtpolitik trotz eines stehenden Heeres von 3000 Mann, für das Kurfürst
Karl Ludwig rund die Hälfte seiner Staatseinnahmen aufbringen mußte.
Der Kaiser war im Osten durch die Türken gebunden, das Reich in vielerlei Interes-
sen zersplittert, das Verhältnis der Kurpfalz zu ihren Nachbarn schlecht, so daß Wi-
derstand gegen Frankreich aussichtslos war. Wohlverhalten war für die Pfalz lebens-
wichtig. Um sein Land endgültig vor französischer Bedrohung zu sichern, gab Karl
Ludwig im Jahre 1671 seine einzige ebenbürtige Tochter Elisabeth Charlotte dem
Herzog von Orleans, dem Bruder Ludwigs XIV., zur Frau. Liselotte verzichtete auf
alle Erbansprüche an die Pfalz. Keiner ahnte damals, daß gerade diese Heirat den
Franzosen später den Vorwand geben sollte, das Erbe Liselottes zu beanspruchen.
Auch mußte Karl Ludwig erfahren, daß Frankreich sich im Zweifelsfalle nicht an die
pfälzische Neutralität hielt, sondern unter diesem Begriff völlige Willfährigkeit ver-
stand. Als Karl Ludwig 1680 starb, war seine nach dem Dreißigjährigen Krieg gelei-
stete Aufbauarbeit sehr gefährdet.

Sein Sohn Karl (1680-85) war knapp 30 Jahre alt, als er zur Regierung kam. Das
Verhältnis zu seinem Vater war schlecht gewesen; seine Ehe blieb unglücklich und
kinderlos. Er selbst war streng calvinistisch. So wie Friedrich III. nach der Bartholo-
mäusnacht bot er schon vor der Aufhebung des Edikts von Nantes den flüchtigen
französischen Hugenotten in der Pfalz eine neue Heimat an. Ein Mittelpunkt ihrer
Ansiedlung war das Kampffeld bei Seckenheim, auf dem Friedrich der Siegreiche
1462 seinen glänzenden Sieg errungen hatte. Die neue Gemeinde französischer Hu-
genotten erhielt deshalb den Namen Friedrichsfeld (1682) sowie einen französischen
Schullehrer und Pfarrer. Doch Karls Gesundheit war schwach; er starb 1685, ohne
Kinder zu hinterlassen.

Nach den Haus- und Reichsgesetzen war nunmehr die Linie Pfalz-Neuburg erb-
berechtigt. Doch Ludwig XIV. gedachte, diese Gelegenheit beim Schöpfe zu ergrei-
fen und die Pfalz zu erwerben. So ließ er im Namen Liselottes seine Ansprüche vor
dem Reichstag in Regensburg vortragen. Kaiser und Reich wiesen sie als unbegrün-
det zurück, was aber Ludwig XIV. nicht daran hinderte, sie nun mit Gewalt zu ver-
folgen. Als 1688 die kaiserlichen Truppen gegen die Türken erfolgreich waren und
Ludwig XIV. fürchten mußte, daß diese in Kürze zur Verteidigung der Westgrenze
frei würden, erklärte er, zum Schutze Frankreichs die Pfalz besetzen zu müssen. Als

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