Wilhelm Trübner: Frauenchiemsee (I8-I).
Entwicklung auö allen Sammetschönhcitcn des dunklen AteliertonS nur aus dem strengen Natur-
studium kcmmen; sein Weg mußte durch die Landschaft gehen, auf die ihn der große Landschafts-
schilderer Thoma gewiesen hatte. Für Leibl, der eigentlich nie eine Landschaft gcmalt hat, existierte
diese Möglichkeir nicht; so gibt es in seinem Lebenswerk keine Entwicklung und nach den mißglückten
Wildschützen (wo er an dcr Zeichnung schciterte) nur noch klcincrc Werke, dic sich auä, früheren
Zeiten seines Lebenö einordnen könntcn. Trübner aber fand mit seinen Landschaften von Franen-
chiemsec und Kloster Seeon Anfang der ncunziger Iahrc den Anfang einer Entwicklung, die ihn
heute noch als jugendlich erscheincn läßt und durch die er den Ruhm und Einfiuß Leibls ebenso-
sehr bemeifterte, wie in Frankreich Maner scinen Vorgänger Courbet überlief.
Wer die frühen Landschaftcn TrübnerS, etwa das Herrenchiemseebild von 1874 auS der Natioual-
galerie, mit den Frauenchiemsecbildcrn vergleichr, wird wohl in beiden jeneö eigentümliche Grün
finden, das für TrübncrS Landschaftcn charakteriftisch ist, aber während cs dort mit schwarzen
Schattcn in seiner eigentlichen Leuchtkraft bchindert ist, geht eö in den neuen Bildern mit einem
ftrahlenden Himmelsblau in ein wundervolles Blaugrün, daS wie Malachit leuchtet. Herrlichcre
Landschaften als bloßes Malwerk sind in Deutschland niemals gemacht worden als diese Trübner-
schen Bildcr der neunziger Iahre. Daß auch sie gleich den frühen Wcrken nicht geachtet wurden,
ift der schlimmfte Beweis gegen dcn guten Geschmack unsereS VolkcS. Daß eö Böcklin und Thoma
zunächft verlachte und von MarecS keine Notiz nahm, ift immerhin durch die veränderte Anschauung
in ihren Werken verständlich: aber daß sich in den neunziger Iahren nicht einmal die Maler an
den Trübnerschen Landschaften cntzückten, daß diese Bilder sich sogar bis heute gegen einen hart-
Entwicklung auö allen Sammetschönhcitcn des dunklen AteliertonS nur aus dem strengen Natur-
studium kcmmen; sein Weg mußte durch die Landschaft gehen, auf die ihn der große Landschafts-
schilderer Thoma gewiesen hatte. Für Leibl, der eigentlich nie eine Landschaft gcmalt hat, existierte
diese Möglichkeir nicht; so gibt es in seinem Lebenswerk keine Entwicklung und nach den mißglückten
Wildschützen (wo er an dcr Zeichnung schciterte) nur noch klcincrc Werke, dic sich auä, früheren
Zeiten seines Lebenö einordnen könntcn. Trübner aber fand mit seinen Landschaften von Franen-
chiemsec und Kloster Seeon Anfang der ncunziger Iahrc den Anfang einer Entwicklung, die ihn
heute noch als jugendlich erscheincn läßt und durch die er den Ruhm und Einfiuß Leibls ebenso-
sehr bemeifterte, wie in Frankreich Maner scinen Vorgänger Courbet überlief.
Wer die frühen Landschaftcn TrübnerS, etwa das Herrenchiemseebild von 1874 auS der Natioual-
galerie, mit den Frauenchiemsecbildcrn vergleichr, wird wohl in beiden jeneö eigentümliche Grün
finden, das für TrübncrS Landschaftcn charakteriftisch ist, aber während cs dort mit schwarzen
Schattcn in seiner eigentlichen Leuchtkraft bchindert ist, geht eö in den neuen Bildern mit einem
ftrahlenden Himmelsblau in ein wundervolles Blaugrün, daS wie Malachit leuchtet. Herrlichcre
Landschaften als bloßes Malwerk sind in Deutschland niemals gemacht worden als diese Trübner-
schen Bildcr der neunziger Iahre. Daß auch sie gleich den frühen Wcrken nicht geachtet wurden,
ift der schlimmfte Beweis gegen dcn guten Geschmack unsereS VolkcS. Daß eö Böcklin und Thoma
zunächft verlachte und von MarecS keine Notiz nahm, ift immerhin durch die veränderte Anschauung
in ihren Werken verständlich: aber daß sich in den neunziger Iahren nicht einmal die Maler an
den Trübnerschen Landschaften cntzückten, daß diese Bilder sich sogar bis heute gegen einen hart-