Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 19.1910

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Schäfer, Wilhelm: Wilhelm Trüber
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.26462#0015

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wilhclm Trllbner.

näckigen Widerftand selbst bei den Modcrncn wehren nnissen, kann uns nur lehren, daß die moderne
Bewegung in Deutschland bis heute in der Hauptsache doch nur eine äußerliche Hinwendung zur
Hellmalerei geblieben ift.

Jm „Siegfriedsbrullnen" von 1902 war die Veriiingung der Trübnerschen Kunst durch daS
Landschaftöstudium bis zur modernsten Malcrei fortgeschritten, in der selbst der blaugrüne Emailleton
(der in den rostroten Herbstbildern aus dcm Odenwald seinen Gegenklang erhalten hatte) sich in
blonde Helligkeit auflöste. Nun griff er auch daS Bildnis wieder an, ftatt im Atelier im freien
Sonncnlicht, wie erwa seinen berühmten baprischen Poftillon von I90Z in dcr Galcrie zu Weimar;
daö ftofflich Neue daran war die Hinneigung zum Rciterbildnis. Mit Pserdeköpfen beginnend,
cignete cr sich eine malerische Kenntnis des PferdekörperS an, mir der er in seinen Fürftenbildern
zu lebensgroßen Reirerbildniffen vordrang. Hierbei mußrc sich die Plnselführung seiner Primamalcrei
ins Lapidare auSwachsen, wodurch jene gobelinartige Malerei in langen Farbstreifen entstand, die
manches Auge an diescn Bildern verletzte.

Nach dieser Episode wandte er sich in den Bildern auS Schloß Hemsbach wieder der Landschaft
zu, auch hierin immer mehr durch eine breitflächige Pinselsührung einer Art von Teppichwirkung
zugeneigt, die sich erft wieder in den letzten Bildern vom Starnberger See in die Feinheit der
Frauenchiemsecbilder zurückfindet, zugleich abcr durch die märchenhafte Schönheit, mit der sie Fern-
blicke überS Wasser inS Gebirge wiedergcben, alles andere übertrifft an transparcnter Wirkung, waS
gegenwärtig in Deutschland mit der Olfarbe versucht wird. Sodaß biö heute trotz seiner neunund-
sünfzig Iahre Wilhelm Trübner einer der Modernsten und unter ihnen der beste Maler geblieben ift.

Daß man heute seine Frühwcrke bevorzugt und gegen ihre bewährte Schönheit vor seinen neuen
Sachen fast von einem Niedergang deö Meifters spricht, liegt einerseits an einer Abneigung gegen
ihre helle Tönung (der sich eine Unfähigkeit farbige Harmonien anders als in dunkler Stimmung
zu genießen verbindet), anderseitö aber an ihrer Neuheit als Olmalerei. Die emailleartige Schönheit
der alten Bilder ist ein Prozeß der Jahre, die Olfarbe braucht lange, um völlig zu verwachsen.

Da die neuen Bilder von
Trübner nach sciner eige-
nen Bekundung genau
mit der gleichen Technik
wie dic alten gemalt
stnd — reine Primamale-
rei d. h. reine Olfarben
in einfacher Deckung aus
reinen Grund, ohne daß
widerstrebende Farben-
materialien übereinander
geschmiert werden — wird
nach dreißig Iahren bei
ihnen der gleiche Schmel;
die ursprüngliche Schön-
heit fteigern müssen wie
bei den alten. Weil
bis dahin unsere Augen
dann auch Zeit gehabt
haben, sich mit ihrem
hellen Klang abzufindcn,
der heute noch Vielen
grell und bunt erscheint;
wird dann nichtS mehr
der allgemeinen Einsicht

Wilhelm Trübncr: Bayrischer Postillon (l-o;).

im Wege ftehen, mit der
heute schon Wcnige mit
Bewunderung auf Wil-
helm Trübner als einen
Maler sehen, der in seiner
Zeit sein Handwerk besser
konnte als irgend einer,
in deffen Meifterhand
die hohe Schule Leibls
ins Moderne weiterge-
sührt wurde und der die
deutsche Malkunst am
Anfang des zwanzigften
IahrhundertS jeder an-
dern in Europa eben-
bürtig machte; wohl aus-
gehend von Courbet, dem
französischen Großvater
der modernen Malerei,
aber in den Höhen sei-
ner Entwicklung durchauS
von eigner Kraft: Ein
kühner Neuerer und ein
großer Vollender zugleich.

S.
 
Annotationen