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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 19.1910

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Max Liebermann
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https://doi.org/10.11588/diglit.26462#0091

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Max Liebermann: Strandbild.

dieser aber auch in Paris nicht von der effektvollen Stoffmalerei loskam und immer mehr auf eine
AuSnutzung der Courbetschen Malweise zu Sensationsstucken verfiel, fand Liebermann als der reellere
von beiden bci den Malern von Fontainebleau die künstlerische Gesinnung des schlichten Natur-
ausschnittes, die seiner ganz auf klare Augen und Intelligenz geftellten Begabung allein weiterhelfen
konnte. So sicher war sein Inftinkt hierin, daß in keinem seiner Bilder aus der Pariscr Zeit
(72 bis 75) ein direkter Einfluß von Millet trotz seiner persönlichen Bewunderung des Meisterö

;u spüren ist — bei dem es freilich keine Technik wie bei Munkaczh, sondern eine Anschauung zu
lernen gab. Erft später, als er die zweite Brücke seiner Kunst gefunden hatte, als er Jsraels
nach Holland gefolgt war, der dort nach verunglückten Versuchen der zeitgenösstschen Hiftorienmalerei
in der grausilbrigen Atmosphäre und den einfachen LebenSformen der Stranddörfer im Schatten

Rembrandts zu seinen melancholischen Schilderungen gekommen war: begann die Lehre MilletS von

der monumentalen Wirkung großer Silhouetten vor weiten Räumen bei Liebermann zu wirken.
Waö man sonft gern auf direkte Anregung MilletS zurücksühren möchte, seine kartoffelnbuddelnde
Bauern usw., findet in der draftischen Ähnlichkeit mit den Bildern des Holländers Mauve eine
einleuchtendere Erklärung.

Nicht Millet also, sondern Israels war der große Stern, der über Liebermanns Kunft stand,
als er von den Effekten Munkaczys zur schlichten Naturdarstellung kam, und dieser Stcrn lebre

von dem Sonnenlicht RembrandtS. Denn Liebcrmanns Begabung ging aufs Malerische; die große
Form, die monumentale Linie war seine Sache ebensowenig wie die „Poesie der Arbeit": er wollte
seinc Bildfläche mit den witzigsten Spiel von Licht und Schatren lebendig machen, wie es der große
Zauberer vermocht hattc; aber er war viel zu klug, um nicht bald einzusehen, wie weit die farbigen

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