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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 19.1910

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Heft 3
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Schwerdtfeger, Robert: Moderne Industriebauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.26462#0102

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Abb. I. Bruno Taul, Berlin: Turbinenhaus der Firma Harkort s- Sohn, Wettcr a. d. Ruhr.

Moderne Jndustriebauten

eine architektonische Aufgabe beschränkt so sehr
wie der strenge Iweckbau (der Fabrikbau) die
Freiheit deö Baukunstlers. Keine aber auch ist
so sehr ein Befähigungszeugnis des Raum-
gcstalters, und keine bietct für ihn, der nicht „Nur-
künstler", sondern zugleich überlegender Konstrukteur ist,
gleichen Reiz. Der moderne Architekt, dem die jüngste
Formcnspielcrei dercr um Schultzc-Naumburg das künst-
lerische Gewisten beschwert, findet auf
diesem Gebiet Gelegenheit, dem wesent-
lichen Unterschied Tat zu geben, der
ihm gegcnüber dem Berufsgenosten des
vergangenen Halbjahrhunderts Zeit-
charaktcr und seinem Stand die hcute
vielleicht alle andern Künste über-
ragende reale Bedeutung verleiht. Da-
mals war dcr Architekt un wesent-
lichen Formgestalter, und keinem Bau-
meister von Ruf, der oft sogar Wohn-
häuser zu bauen nicht für standes-
gemäß hielt, fiel es ein, Fabrikbauten
zu bearbeiten. Das blieb Sache dcr
Jngenieure, die in Bogenhalten, in
Eisenkonstruktionen zwar Bedeutendes
leisteten, und der Maurermeister, von
denen mehr als vorschriftsmäßig gutes
und dauerhafteS Handwerk nicht zu
erwarten war. Damals war der Archi-

tekt Detailkünstler und wird als solcher zur Zeit sicher-
lich unterschätzt. Das konstruktive Gestalten aber war
ihm nebensächlich und lag außerhalb scincr auSgebildeten
Fähigkeiten. Heute ist endlich die architektonische Kon-
struktion (oder die konstruierende Architektur) zu einer
Kunst von großer zeitgenössischer Bedeutung erhobcn,
so daß der Sachbau, der Jndustriebau, der sie am
strengsten sordert, und der in seiner ungeheuren Ent-
wickelung ja noch verhältnismäßig jung
ist, einmal als wescntliches Wertmaß
unserer augenblicklichen Baukunst gelten
mag. Freilich kommen die Bauherren
noch nicht so sehr dieser Ieitsorderung
entgegen, wie man wünschen möchte,
und anderseits (aus den im Anfang
gcnanntcn Gründcn) sind die von den
Architekten aufgestellten Leistungen nicht
immer bedeutend und dann niemals
so allgemein augensällig wie parallele
Leistungen der bürgerlichen Baukunst.
Jch glaube, das wird mancher bei der
Betrachtung der Abbildungen emp-
finden, und nicht jeder mag sogleich
die große Schönheit z. B. des Getreide-
silos (Abb. 2) oder der Behrensschen
Turbinensabrik (Abb. 3 und 5) er-
kennen. Daö Auge des Ieitgenossen
ist nämlich — uneingestanden — gar

Abb. 2. Luipold S- Schneider, StuttgarN
Gctreidesilo in Landshut i. B.

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