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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 19.1910

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Heft 3
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Schwerdtfeger, Robert: Moderne Industriebauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.26462#0103

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Abb. ?. Peter Behrens, Berlin: Turbinenfabrik der Allgem. Elektrizitäts-Gesellschaft.

zu sehr von neuem hiftorisch dressiert; die Biedermeier-
kröte hat auch aus diesem Arbeitsgebiet ihre Eier ab-
gelegt, und das ift nicht schön odcr doch wenigftens
nicht gut. Ich hatte srüher Gelegenheit, an dieser Stelle
eine Reihe barockisierender Transsormatorcnhäuschen zu
zeigen. Jn solcher Art wird von manchen Architekten
auch die „Reforin" des Fabrikbauwesens angegriffen,
und wenn sie auch in ihren beften Leistungen rccht
gefällige Rcsultate erzielt (Abb. 6), so meine ich doch,
das Wesen der modernen Jndustrie wird in ihr nicht
charakteristisch. Die Papiersabrik Oberlcnningcn könntc
man, wäre nicht der Fabrikschlot, ebensogut sür einen
Schloßbau, cinc Schule oder irgendwelche öffentliche
Anstalt ansehen. Diese Eigenschaft wird freilich von
manchen Seiten als Vorzug gcrühmt, denn noch immer
ist hier und da
dieAnschauung
fruchtbar, Jn-
duftriebauten
an und sür sich
seien nüchtern
und in jedem
Fall eine Ver-
unzierung der
Landschaft,
weshalb man
ihnenmöglichst
den häßlichen
Zweckcharakter
nehmen oder
doch ihn male-
risch einkleiden

müsse. Dieser in uns soMebhaste Sinn fürs „Male-
rische" hat, so berechtigt er in Mäßigung ist, die
moderne Bauart ungünstig beeinslußt. Er ist schuldig
an der Motivchenspielerei vor allem im Wohnhausbau,
und wenn diese gar auf den Jndustriebau übertragen
wird, tritt ihre Gehaltlosigkeit und unlogische Willkür-
lichkeit unangenehm in Erscheinung. Auch ohne Absicht-
lichkeit kommt das Malerische in der Architektur genug
zu seinem Recht. Die Abb. 7 ist ein Beweis dafür,
wie selbst bei größter Sachlichkeit das Architektonisch-
Malerische sich von selbst einstellt.

Jch möchte daran anknüpsend bemerken, daß in der
Architektur überhaupt das Malerische im allgemeinen
unwillkürlich und eine Folge von Masse in Verbindung
mit Perspektive, Bcleuchtung und Landschast ist. Das We-

sentliche aber
ift die Plastik,
die Monumen-
talität. Das
Malerische setzt
Milieubedin-
gungen vor-
aus, die nicht
immcr vorhan-
den sind, und
wo es dann
willkürlich hin-
eingebracht
wird, wirkt es
unharmonisch.
PlastischeRuhe
im Gegensatz

Abb. 4. Paul Bonatz, Stuttgart: Sektkellerei Henkell, Biebrich.

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