Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
254

DER GROSZE KAISERPALAST.

wichtigsten lernen wir durch die Darstellung des Hofceremoniells
von Konstantin Porphyrogennetos kennen, die uns bei verschiedenen
Processionen durch die Räumlichkeiten des Palastes geleitet, so
daß uns damit der Zusammenhang derselben vor Augen geführt
wird. Es gab jedoch noch manche Theile des Palastes, die uns
unbekannt bleiben. So werden bei Theophanes 6055 eine Silen-
tiarikis ') und arma erwähnt, wo Aufrührer, die den Kaiser in
seinem Triklinium zu ermorden beabsichtigen, Inder versteckt
halten, die einen Aufruhr erregen sollen, wenn die That gelang.
Jules Labarte hat zuerst den Versuch gemacht, nach diesem
Material den Plan des Palastes zu construieren. Doch ist derselbe
nicht in allen Beziehungen glücklich ausgefallen, und Unger hat
eine in wesentlichen Punkten abweichende Construction vorge-
schlagen, 2) die jedoch ebenfalls noch mehrfach der Revision und
Berichtigung bedarf. Die Βυζαντινά Ανάκτορα des Dr. Paspates 3)
stützen sich hauptsächlich auf topographische Studien, zu denen
ihm außergewöhnliche Gelegenheiten geboten waren.
Der ursprüngliche Bau des Konstantin brannte im Nika-
Aufruhr theilweise ab, und wurde von Justinian erneuert. Da aber
einzelne Localitäten desselben in ältern und neuern Nachrichten
gleichmäßig erwähnt werden, so darf man annehmen, daß der
Neubau im ganzen den alten Plan beibehalten hat, und mithin
das Ceremonialbuch auch für die Construction des ursprünglichen
Palastes als maßgebend gelten darf. Spätere Kaiser haben aber
ganz neue Palasttheile hinzugefügt, so daß die ganze Hofburg dadurch
außerordentlich erweitert wurde. In diese neuen Theile verlegten
die Kaiser ihre gewöhnliche Wohnung, allein die Wohnräume in
dem alten Palaste blieben daneben bestehen und man hielt an der
hergebrachten Sitte fest, nach welcher die großen Processionen von
dieser ursprünglichen Kaiser-Wohnung ausgehen mussten.

') Nach Unger's Vermuthung eine geheime Kanzlei, nach Sophokles,
Lexicon: ,The place of the Silentiarii.'

2) Unger, byz. Kunst, bei Erseh u. Gruber B. 84, S. 321 folg., 393,
414 folg.

3) In englischer Ausgabe von W. Metealfe The Great Palace of Constan-
tinople, London, 1893·
 
Annotationen