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Beschreibung; meine Notizen beschränken sich wesentlich auf die
Angabe, daß dieser Meister in seinen Bildern als charakterloser und
erfindungsarmer Nachtreter des Hals erscheint. Dagegen bedeutet es
schon an sich eine Beaktion, daß im selben Jahre 1642 die Offiziere
der Adriansschützen wiederum ein großes SchützenstUck in Auftrag
gegeben haben. Die Ausführung wurde aber nicht mehr dem Frans
Hals Ubertragen, sondern merkwürdigerweise dem Pieter Soutman,
der in der Grtlndungsgeschichte von Bubens' Stecherschule eine
bestimmte Bolle gespielt und später in Haarlem sich als gewandter
Geschäftsmann betätigt hat. Das Bild (Tafel 82), das sich heute wie alle
übrigen hier genannten Haarlemer Gruppenporträte im städtischen
Museum daselbst befindet, erscheint als die gemalte Beaktion. In der
Auffassung wurde die innere Einheit wieder auf eine einzige Teil-
gruppe von zweien oder dreien, zwar an hervorragender Stelle in der
Mitte, jedoch ohne Einbeziehung des Oberst, beschränkt; die übrigen
stehen oder sitzen teilnahmslos Parade. In der Komposition herrscht
eine fast streng symmetrische Anordnung der Figuren samt ihren
Lanzen und sonstigen schaftartigen Attributen, unter geradezu weg-
werfender Behandlung des Freiraumes dahinter. Man merkt in
allem den Protest gegen die geschlossene innere Einheit und gegen
die Emanzipation des Freiraumes in Form des Helldunkels. Nur die
gemütlichen Visagen, in denen vereinzelt sogar eine humorvolle
Lebensauffassung durchbricht, verraten uns, daß wir da Mitbürger
des Frans Hals vor Augen haben. Die damaligen Haarlemer Schützen
müssen aber davon recht befriedigt gewesen sein; denn schon zwei
Jahre später erhielt derselbe Meister abermals einen Auftrag auf ein
großes SchützenstUck (Tafel 83). In diesem ließ er, vermutlich durch
den Erfolg von 1642 kühn gemacht, in mehreren Köpfen etwas vom
Pathos (Konflikt zwischen Willen und Gefühl) des van Dyck mit
einfließen, womit er einen wohl nicht bloß für uns Moderne un-
leidlichen Gegensatz zu der sonst beibehaltenen älteren Auffassung
des Frans Hals in das Bild brachte. Mit der gesteigerten Gefühlsmalerei,
die ihm von seinen Antwerpner Tagen her bekannt war, mochte ja
Soutman das Begehren seiner Zeitgenossen wenigstens zum Teil
getroffen haben; aber sein Bild von 1644 mußte zugleich auch den
Haarlemern die Augen darüber öffnen, daß für diese neueste Phase
des Haarlemer Kunstempfindens das SchützenstUck kein recht
geeignetes Substrat mehr darbot; denn mit diesem Jahre verschwindet
die Gattung und mit ihr auch der Name ihres letzten Haarlemer
Vertreters aus den Annalen der Gruppenporträtmalerei dieser Stadt.

Erst gegen Ende der fünfziger Jahre haben die Haarlemer das Lc^tc Periode
Problem der Gruppenporträtmalerei wieder aufgenommen, diesmal Gruppenporträt-
schon unter Beschränkung auf das Kegentenstück. Es ist die letzte malcrel-
fruchtbare und bis zu gewissem Grade selbständige Periode, die diese
Kunstgattung in der ältesten holländischen Kunststadt zu verzeichnen

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