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das „Wunderhorn“ zusammengestellt. Die meisten sind daraus
in der bereits genannten Programmbeilage von J. E. V. Müller
angeführt. Wir wollen nur das Hauptsächliche hervorheben.
Büsching und von der Hagen bemerken in der Vorrede zu ihrer
eignen Sammlung deutscher Volkslieder (1807) mit Bezug auf
das Wunderhorn: „Noch weniger haben wir diese Lieder durch
Auslassungen, Zusätze, Ueberarbeitung und Umbildung versetzen,
Fragmente ergänzen, oder gar eignes Machwerk dabey ein-
schwärzen wollen; dies ist aufs gelindeste, eine poetische Falsch-
münzerey, wofür die Historie keinen Dank weiß.“ In den
Heidelberger Jahrbüchern der Literatur 1808 I. S. 235 äußert
sich F. Schlegel: „Wenn nur auch die Sorgfalt der Behandlung
und der Auswahl dem Reichtum einigermaßen entspräche! wenn
nur nicht so manches Eigne und Fremdartige eingemischt wäre,
und die bei einigen Liedern sichtbare willkürliche Veränderung
nicht bey dem größten Theil der Leser ein gerechtes Mistrauen
auch gegen die übrigen einflößen müßte.“ Diese beiden Urteile
wurden von Job. Heinrich Voß dahin resümiert, daß er die
Sammlung einen „zusammengeschaufelten Wust voll muthwilliger
Verfälschungen, sogar mit untergeschobnem Machwerk“ nannte.
Auf die sprachlichen Änderungen, Kürzungen und Zusätze hatte
auch schon Goethe aufmerksam gemacht und sie zu rechtfertigen
gesucht: „Die Herausgeber sind im Sinne des Erfordernisses so
sehr, als man es in späterer Zeit sein kann, und das hie und
da seltsam Restaurierte, aus fremdartigen Theilen verbundene,
ja das Untergeschobene, ist mit Dank anzunehmen. Wer weiß
nicht, was ein Lied auszustehen hat, wenn es durch den Mund
des Volkes, und nicht etwa nur des ungebildeten, eine Weile
durchgeht! Warum soll der, der es in letzter Instanz aufzeichnet,
mit anderen zusammenstellt, nicht auch ein gewisses Recht daran
haben ?“ - Trotz Goethe ist den Herausgebern dieses „gewisse
Recht“ nicht zuzugeben, weil sie erst auf dem Wege der Reflexion
zur Anerkennung dieser volkstümlichen Litteratur gelangt sind,
die ihnen nicht die ihrer Natur und Bildung eigne ist, sondern
erst als Gegensatz dazu ihr Interesse gewonnen hat; und weil
sie dann mit bewußter Absicht gesammelt und das ihrer neuen
Anschauung entsprechende ausgewählt und gehoben und stärker
betont haben. Das Ergebnis ihrer Bemühungen bietet deshalb
das „Wunderhorn“ zusammengestellt. Die meisten sind daraus
in der bereits genannten Programmbeilage von J. E. V. Müller
angeführt. Wir wollen nur das Hauptsächliche hervorheben.
Büsching und von der Hagen bemerken in der Vorrede zu ihrer
eignen Sammlung deutscher Volkslieder (1807) mit Bezug auf
das Wunderhorn: „Noch weniger haben wir diese Lieder durch
Auslassungen, Zusätze, Ueberarbeitung und Umbildung versetzen,
Fragmente ergänzen, oder gar eignes Machwerk dabey ein-
schwärzen wollen; dies ist aufs gelindeste, eine poetische Falsch-
münzerey, wofür die Historie keinen Dank weiß.“ In den
Heidelberger Jahrbüchern der Literatur 1808 I. S. 235 äußert
sich F. Schlegel: „Wenn nur auch die Sorgfalt der Behandlung
und der Auswahl dem Reichtum einigermaßen entspräche! wenn
nur nicht so manches Eigne und Fremdartige eingemischt wäre,
und die bei einigen Liedern sichtbare willkürliche Veränderung
nicht bey dem größten Theil der Leser ein gerechtes Mistrauen
auch gegen die übrigen einflößen müßte.“ Diese beiden Urteile
wurden von Job. Heinrich Voß dahin resümiert, daß er die
Sammlung einen „zusammengeschaufelten Wust voll muthwilliger
Verfälschungen, sogar mit untergeschobnem Machwerk“ nannte.
Auf die sprachlichen Änderungen, Kürzungen und Zusätze hatte
auch schon Goethe aufmerksam gemacht und sie zu rechtfertigen
gesucht: „Die Herausgeber sind im Sinne des Erfordernisses so
sehr, als man es in späterer Zeit sein kann, und das hie und
da seltsam Restaurierte, aus fremdartigen Theilen verbundene,
ja das Untergeschobene, ist mit Dank anzunehmen. Wer weiß
nicht, was ein Lied auszustehen hat, wenn es durch den Mund
des Volkes, und nicht etwa nur des ungebildeten, eine Weile
durchgeht! Warum soll der, der es in letzter Instanz aufzeichnet,
mit anderen zusammenstellt, nicht auch ein gewisses Recht daran
haben ?“ - Trotz Goethe ist den Herausgebern dieses „gewisse
Recht“ nicht zuzugeben, weil sie erst auf dem Wege der Reflexion
zur Anerkennung dieser volkstümlichen Litteratur gelangt sind,
die ihnen nicht die ihrer Natur und Bildung eigne ist, sondern
erst als Gegensatz dazu ihr Interesse gewonnen hat; und weil
sie dann mit bewußter Absicht gesammelt und das ihrer neuen
Anschauung entsprechende ausgewählt und gehoben und stärker
betont haben. Das Ergebnis ihrer Bemühungen bietet deshalb