n. KAPITEL
DIE KRITIK
Achim von Arnim übermittelte seinem Freunde Clemens
Brentano am 16. Dezember 1805 von Jena aus Grüße Goethes
und berichtete ihm, wie günstig sich ihr Meister über die von
ihnen herausgegebene Sammlung alter deutscher Lieder geäußert
und daß er sogar versprochen habe, in der Jenaer Litteraturzeitung
darüber selbst einiges sagen zu wollen. Wie wenn eine Königin
ihm mit der Hand durch seine Mähne striche und ihm den Hals
klatschte, empfand Arnim Goethes Lob. Die versprochene Em-
pfehlung erschien auch sehr bald an dem genannten Orte. Goethe
wünschte, daß „Des Knaben Wunderhorn“ gegenüber die Kritik
schweigen solle, daß man dafür die Sammlung um so mehr ge-
nieße. Von Ohr zu Ohr, von Mund zu Mund sollten diese alten
Lieder getragen werden und so belebt zum Volke zurückkehren,
von dem sie ausgegangen. Nachdem sich Goethe der Mühe
unterzogen, jedes einzelne Gedicht zu charakterisieren, erteilte
er für die folgenden Bände den Herausgebern einige Ratschläge,
die für den schon erschienenen, doch einen leisen Tadel bedeuten,
besonders inbezug auf die getroffene Auswahl. Er empfahl ihnen,
„daß sie sich vor dem Singsang der Minnesänger, vor der bänkel-
sängerischen Gemeinheit und vor der Plattheit der Meistersänger,
sowie vor allem Pfäffischen und Pedantischen höchlich hüten
mögen.“
Die Kritik, welche Goethe noch abgewiesen hatte, machte
sich einige Jahre später doch geltend. Hoffmann von Fallers-
leben hat im Weimarischen Jahrbuch für deutsche Sprache,
Litteratur und Kunst 1855 S. 280 ff. diese Besprechungen über
DIE KRITIK
Achim von Arnim übermittelte seinem Freunde Clemens
Brentano am 16. Dezember 1805 von Jena aus Grüße Goethes
und berichtete ihm, wie günstig sich ihr Meister über die von
ihnen herausgegebene Sammlung alter deutscher Lieder geäußert
und daß er sogar versprochen habe, in der Jenaer Litteraturzeitung
darüber selbst einiges sagen zu wollen. Wie wenn eine Königin
ihm mit der Hand durch seine Mähne striche und ihm den Hals
klatschte, empfand Arnim Goethes Lob. Die versprochene Em-
pfehlung erschien auch sehr bald an dem genannten Orte. Goethe
wünschte, daß „Des Knaben Wunderhorn“ gegenüber die Kritik
schweigen solle, daß man dafür die Sammlung um so mehr ge-
nieße. Von Ohr zu Ohr, von Mund zu Mund sollten diese alten
Lieder getragen werden und so belebt zum Volke zurückkehren,
von dem sie ausgegangen. Nachdem sich Goethe der Mühe
unterzogen, jedes einzelne Gedicht zu charakterisieren, erteilte
er für die folgenden Bände den Herausgebern einige Ratschläge,
die für den schon erschienenen, doch einen leisen Tadel bedeuten,
besonders inbezug auf die getroffene Auswahl. Er empfahl ihnen,
„daß sie sich vor dem Singsang der Minnesänger, vor der bänkel-
sängerischen Gemeinheit und vor der Plattheit der Meistersänger,
sowie vor allem Pfäffischen und Pedantischen höchlich hüten
mögen.“
Die Kritik, welche Goethe noch abgewiesen hatte, machte
sich einige Jahre später doch geltend. Hoffmann von Fallers-
leben hat im Weimarischen Jahrbuch für deutsche Sprache,
Litteratur und Kunst 1855 S. 280 ff. diese Besprechungen über