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Rieser, Ferdinand
"Des Knaben Wunderhorn" und seine Quellen: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Volksliedes und der Romantik — Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.61345#0282
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Nachlese fand, sodaß er gegen dreißig teils neue teils vergessene
Lieder zusammen brachte. Doch war das nicht der einzige Grund.
Der Druck der beiden Bände ging für Arnims Ungeduld
nur langsam von statten; er mußte sogar einmal ausgesetzt
werden. Ein' starkes Hindernis bildeten auch die Stürme in
Brentano’s Ehe, durch welche hauptsächlich dessen versprochene
Nachträge zurückgehalten wurden; dieser Umstand, über den
der unglückliche Ehemann in seinen Briefen meist hinweg ging,
trug viel mehr zur Verzögerung bei als die Schwierigkeit, das
Suchen, Auslesen und Bearbeiten abzuschließen.
Ende April traf er selbst in Heidelberg ein und nahm die
Arbeit wieder gemeinsam mit dem Freunde auf. Aber schon
besaß das Wunderhorn nicht mehr allein die Aufmerksamkeit
der beiden Romantiker. Das Leben in Heidelberg, besonders
der Umgang mit Görres hatten in Arnim die Absicht erzeugt,
eine Zeitschrift herauszugeben, die zugleich poetisch und wissen-
schaftlich sein sollte. Schon im Januar 1808 hatte er mit dem
Verleger zusammen, Mohr und Zimmer, ihr Erscheinen an-
gekündigt, Mitarbeiter gewonnen und auf 1. April des Jahres die
erste Nummer herausgegeben. Er benannte sie „Zeitung für
Einsiedler“; nachdem sie ihr Erscheinen wieder eingestellt hatte,
gab er ihr den Gesamttitel „Tröst Einsamkeit“.*) Vor der
Sorge um diese Zeitschrift trat das Interesse für des „Knaben
Wunderhorn“ zurück. Außerdem unterbrachen die Freunde
öfters den Heidelberger Aufenthalt durch Reisen. Am 3. August
meldete Arnim aus Schlangenbad, daß der Druck des 3. Bandes
mit den Kinderliedern beendigt sei und daß er noch zwei
Register dazu geliefert habe.
Durch die äußeren Verhältnisse unseres Vaterlandes war
die Vollendung verzögert worden; durch die persönliche Art
der Herausgeber mußte es auch noch bei der späteren Aus-
arbeitung Mängel erleiden, die es nicht soweit reifen ließen, als
es seine vielen und guten Freunde wünschten.

‘) Neu herausgegeben von Dr. Friedrich Pfaff. Freiburg 1883.
 
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