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VII. Götter und Heroen in der Bildsprache
griechischer Münzen des 4. Jahrhunderts

1. Die Wahl einer Repräsentationsfigur
Götter- und Heroenwahl als Entscheidung
Jeder griechische Staat beheimatete eine Vielzahl an Gottheiten sowie zweitrangi-
gen Figuren wie Heroen, die für individuelle und kollektive Belange innerhalb des
Staatswesens zuständig waren703. Von diesen konnten eine oder mehrere als Vertreter
des gesamten Staates nach außen hervortreten. Die Notwendigkeit, eine solche Re-
präsentationsfigur vorzuweisen, stellte sich insbesondere dann, wenn ein Staat mit
dem Prägen eigener Münzen begann.
Darstellungen von Göttern und Heroen hatten zunächst denselben Zweck wie
andere Münzmotive auch: auf die für die Prägung verantwortliche Autorität zu
verweisen und damit den Wert der Münze als Zahlungsmittel zu garantieren. Gott-
heiten kam hierbei freilich eine besondere Bedeutung zu. Der Umstand, daß Götter,
ihre Tiere oder Attribute in archaischer und klassischer Zeit die häufigsten Motive
auf griechischen Münzen waren, zeigt, daß Gottheiten in besonderem Maße als
geeignet angesehen wurden, durch ihre Autorität für die Güte der Münze zu bür-
gen704.
Welche Gottheit oder welcher Heros auf den Münzen erschien, hing von verschie-
denen Faktoren ab: vor allem davon, ob es zum Zeitpunkt des Einsetzens der Mün-
zen eine bestimmte Figur gab, die in besonderem Maße dafür geeignet war, als
Vertreterin des Gemeinwesens in Erscheinung zu treten.
Dies war der Fall insbesondere dort, wo sich über den theophoren Name einer
Stadt eine direkte Bindung an eine Gottheit oder einen Heros herstellte - so in Athen
oder in Städten namens Apollonia oder Herakleia - oder dort, wo die übrigen Kulte
im Schatten eines berühmten Heiligtums standen, dessen Gottheit die anderen an
Bedeutung erheblich überragte - so Hera in Argos und Samos oder Aphrodite in
Knidos. In solchen Fällen lag es nahe, diese herausragende Figur auf die Münzen zu
setzen. So kam in Athen, als man in der Münzprägung gegen Ende des 6. Jahrhun-
derts zur Darstellung einer Gottheit überging, kaum eine andere Gestalt in Frage als
Athena, die sowohl durch ihren Namen unauflösbar mit der Stadt verbunden als
auch zu diesem Zeitpunkt als Vertreterin Athens etabliert und weithin bekannt war.

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