Appell an den Principe erklärt er, daß dies ein Monument sein
würde, das seinem Prinzipat würdig wäre, und zeigt sich davon
überzeugt, daß Mengs darüber genauso denke wie er, denn letzt-
lich handle es sich hier um ein öffentliches Denkmal. Abwei-
chend von den Gebräuchen der Alten könnte man das Denkmal
an der Basis mit Emblemen schmücken, die an den Wohltäter
erinnern, und mit einem schlichten Rahmen ohne Schrift ver-
sehen, der die Architektur nicht überblendet, sondern sie
schmückt. Andernfalls müsse man sich einen anderen Ort in der
Kirche für das Denkmal aussuchen. Schließlich bittet er Mengs,
ihm die Freiheit zu geben, in der Akademie seine Meinung frei
und öffentlich zu äußern, bevor ein Beschluß gefaßt werde. Pole-
misch fragt er: warum soll darüber Groll entstehen, da doch alle
als »Galantuomini« handeln. Da es keine schriftliche Abma-
chung mit dem Künstler gebe, müsse die Versammlung erneut
Zusammentreffen, und notfalls auch das bereits Beschlossene re-
vidieren, um die bestmögliche Lösung zu finden, was schließlich
eine Entscheidung sei, die den weisen Mann ehrt. Es sei zwar
richtig, daß Righi schon wisse, daß sein Modell gewählt würde,
aber da er Mitglied dieses Parlaments sei, müsse auch er sich fü-
gen, wenn sich ein besserer Weg abzeichnet. Der Principe, der
sein Geld für diese Sache ausgebe, habe als Vorstand der Akade-
mie ohnehin einen Vorbehalt, müsse sich aber ebenfalls der Ent-
scheidung der Akademie unterordnen. Bei allen öffentlichen
Aufträgen komme zuerst die Person, die das Werk bestellt, in
diesem Falle der Principe, und dann der Architekt, der das Werk
ausführt, und dies sei im konkreten Fall die ganze Akademie, in
der alle zusammen handelnde Personen seien und je mehr Au-
gen die Sache ansähen, umso besser sei es für das Ergebnis. In
der Schlußformel drückt Piranesi die Hoffnung aus, daß seine
Vorschläge gehört werden würden, daß er sich aber letztlich
dem Votum der Akademie unterwerfen werde.
Tatsächlich wurde sein Vorschlag zur Abstimmung gebracht,
allerdings mit dem für Piranesi enttäuschenden Ergebnis, daß
sich die 17 Akademiker, die an dieser offenbar für sehr wichtig
gehaltenen Sitzung teilnahmen, ohne Ausnahme für die Ausfüh-
rung von Righis Modell aussprachen, was möglicherweise mit
dem zusätzlichen finanziellen Aufwand zusammenhing, den
eine freistehende Statue verursacht hätte. Was sich an internen
Grabenkämpfen hinter dem Protokoll und dem in seinem Ton-
fall sehr gewundenen Papier Piranesis versteckt, ist schwer zu
beurteilen. Deutlich wird auf jeden Fall, daß Piranesi auf Mengs’
faires Vorgehen in dieser Sache rechnete, und daß er an seine
demokratische Verantwortung appellierte, worin er auch nicht
enttäuscht wurde. Daß Piranesi nach seiner »Niederlage« seinen
Fuß nicht mehr in die Akademie gesetzt hat, hing sicherlich
nicht mit Mengs zusammen, dessen Prinzipat mit dieser Sitzung
endete, sondern war die Konsequenz aus der Abstimmungsnie-
derlage, die den Weg frei machte für die Ausführung des Righi-
Entwurfs. Das Grabmal wurde in der ursprünglich beschlosse-
nen Form ausgeführt, jedoch erst 1776 vollendet.272 Mengs’ von
Anfang an vorhandene Bedenken gegenüber der Rolle, die Righi
innerhalb der Akademie spielte, könnten etwas mit dem Verlauf
dieser Angelegenheit zu tun haben. Betrachtet man das Ergebnis
dieser zähen Bemühungen (Abb. V-26), so wird die Kritik an die-
sem total veralteten Werk verständlich. An der Episode wird
deutlich, daß es innerhalb der akademischen Gremien unmög-
V-26 Tommaso Righi, Grabmal Carlo Pio Balestra, 1776.
Rom, Ss. Luca e Martina
lieh war, über so diffizile Fragen wie den unterschiedlichen Stil
und Geschmack ihrer Mitglieder zu diskutieren. Als Ausweg
blieb nur das Instrument der Abstimmung und damit die Mani-
pulation der Gruppierungen und der Faktionen, gemäß den
auch für die anderen Institutionen des Kirchenstaates geltenden
Prinzipien.
Die Themen für den Concorso Balestra des Jahres 1773, der
aufgrund der profanen Wettbewerbsthemen eine wichtige Neue-
rung im künstlerischen Leben Roms darstellte, wurden am 9. Ja-
nuar 1772 öffentlich bekannt gegeben. Für die erste Klasse in
der Malerei war der »Abschied Hektors von Andromache« ge-
wählt worden, für die Skulptur »Achilles und Pentesilea« und
für die Architektur die Gestaltung der Piazza del Popolo.273 Zwar
nahm Mengs an den Auswahlverfahrcn nicht mehr teil, aber die
Ergebnisse bestätigten sein Urteil insofern als Cavallucci wiede-
rum prämiert wurde, allerdings nur mit dem zweiten Preis, wäh-
rend der erste Preis an den Schotten David Allen ging, der ein in
seiner Anlage sehr klassizistisches Gemälde274 eingereicht hatte.
302 Das Italienische Intermezzo (1770-1774) und seine Schauplätze
würde, das seinem Prinzipat würdig wäre, und zeigt sich davon
überzeugt, daß Mengs darüber genauso denke wie er, denn letzt-
lich handle es sich hier um ein öffentliches Denkmal. Abwei-
chend von den Gebräuchen der Alten könnte man das Denkmal
an der Basis mit Emblemen schmücken, die an den Wohltäter
erinnern, und mit einem schlichten Rahmen ohne Schrift ver-
sehen, der die Architektur nicht überblendet, sondern sie
schmückt. Andernfalls müsse man sich einen anderen Ort in der
Kirche für das Denkmal aussuchen. Schließlich bittet er Mengs,
ihm die Freiheit zu geben, in der Akademie seine Meinung frei
und öffentlich zu äußern, bevor ein Beschluß gefaßt werde. Pole-
misch fragt er: warum soll darüber Groll entstehen, da doch alle
als »Galantuomini« handeln. Da es keine schriftliche Abma-
chung mit dem Künstler gebe, müsse die Versammlung erneut
Zusammentreffen, und notfalls auch das bereits Beschlossene re-
vidieren, um die bestmögliche Lösung zu finden, was schließlich
eine Entscheidung sei, die den weisen Mann ehrt. Es sei zwar
richtig, daß Righi schon wisse, daß sein Modell gewählt würde,
aber da er Mitglied dieses Parlaments sei, müsse auch er sich fü-
gen, wenn sich ein besserer Weg abzeichnet. Der Principe, der
sein Geld für diese Sache ausgebe, habe als Vorstand der Akade-
mie ohnehin einen Vorbehalt, müsse sich aber ebenfalls der Ent-
scheidung der Akademie unterordnen. Bei allen öffentlichen
Aufträgen komme zuerst die Person, die das Werk bestellt, in
diesem Falle der Principe, und dann der Architekt, der das Werk
ausführt, und dies sei im konkreten Fall die ganze Akademie, in
der alle zusammen handelnde Personen seien und je mehr Au-
gen die Sache ansähen, umso besser sei es für das Ergebnis. In
der Schlußformel drückt Piranesi die Hoffnung aus, daß seine
Vorschläge gehört werden würden, daß er sich aber letztlich
dem Votum der Akademie unterwerfen werde.
Tatsächlich wurde sein Vorschlag zur Abstimmung gebracht,
allerdings mit dem für Piranesi enttäuschenden Ergebnis, daß
sich die 17 Akademiker, die an dieser offenbar für sehr wichtig
gehaltenen Sitzung teilnahmen, ohne Ausnahme für die Ausfüh-
rung von Righis Modell aussprachen, was möglicherweise mit
dem zusätzlichen finanziellen Aufwand zusammenhing, den
eine freistehende Statue verursacht hätte. Was sich an internen
Grabenkämpfen hinter dem Protokoll und dem in seinem Ton-
fall sehr gewundenen Papier Piranesis versteckt, ist schwer zu
beurteilen. Deutlich wird auf jeden Fall, daß Piranesi auf Mengs’
faires Vorgehen in dieser Sache rechnete, und daß er an seine
demokratische Verantwortung appellierte, worin er auch nicht
enttäuscht wurde. Daß Piranesi nach seiner »Niederlage« seinen
Fuß nicht mehr in die Akademie gesetzt hat, hing sicherlich
nicht mit Mengs zusammen, dessen Prinzipat mit dieser Sitzung
endete, sondern war die Konsequenz aus der Abstimmungsnie-
derlage, die den Weg frei machte für die Ausführung des Righi-
Entwurfs. Das Grabmal wurde in der ursprünglich beschlosse-
nen Form ausgeführt, jedoch erst 1776 vollendet.272 Mengs’ von
Anfang an vorhandene Bedenken gegenüber der Rolle, die Righi
innerhalb der Akademie spielte, könnten etwas mit dem Verlauf
dieser Angelegenheit zu tun haben. Betrachtet man das Ergebnis
dieser zähen Bemühungen (Abb. V-26), so wird die Kritik an die-
sem total veralteten Werk verständlich. An der Episode wird
deutlich, daß es innerhalb der akademischen Gremien unmög-
V-26 Tommaso Righi, Grabmal Carlo Pio Balestra, 1776.
Rom, Ss. Luca e Martina
lieh war, über so diffizile Fragen wie den unterschiedlichen Stil
und Geschmack ihrer Mitglieder zu diskutieren. Als Ausweg
blieb nur das Instrument der Abstimmung und damit die Mani-
pulation der Gruppierungen und der Faktionen, gemäß den
auch für die anderen Institutionen des Kirchenstaates geltenden
Prinzipien.
Die Themen für den Concorso Balestra des Jahres 1773, der
aufgrund der profanen Wettbewerbsthemen eine wichtige Neue-
rung im künstlerischen Leben Roms darstellte, wurden am 9. Ja-
nuar 1772 öffentlich bekannt gegeben. Für die erste Klasse in
der Malerei war der »Abschied Hektors von Andromache« ge-
wählt worden, für die Skulptur »Achilles und Pentesilea« und
für die Architektur die Gestaltung der Piazza del Popolo.273 Zwar
nahm Mengs an den Auswahlverfahrcn nicht mehr teil, aber die
Ergebnisse bestätigten sein Urteil insofern als Cavallucci wiede-
rum prämiert wurde, allerdings nur mit dem zweiten Preis, wäh-
rend der erste Preis an den Schotten David Allen ging, der ein in
seiner Anlage sehr klassizistisches Gemälde274 eingereicht hatte.
302 Das Italienische Intermezzo (1770-1774) und seine Schauplätze