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Rosenberg, Marc; Stark, Carl Bernhard
Quellen zur Geschichte des Heidelberger Schlosses — Heidelberg, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.7418#0015

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2

VORREDE.

Nach einem Jahrhundert der Zerftörung durch Feuer und Schwert flackert noch einmal
die Hoffnung einer glanzenden Wiederherftellung auf. Die Stürme des Krieges haben fich ge-
legt, und ein reiches, fürftliches Hofleben foll wieder einziehen in die verödeten Räume und
iie füllen mit neuem Glänze. Schon regen fich gefchäftige Hände, um die Spuren der jüngften
Verwüftungen wegzuräumen1). Da entlieht ein leidiger Streit zwifchen Fürft und Stadt um
die Benutzung der H.-Geift-Kirche und macht allen Hoffnungen mit einem Schlage ein Ende.

Nicht der dreißigjährige Krieg, nicht der orleans'fche, die es zerftört, haben es dem
Schlöffe angethan, fondern der Verluft fürftlicher Huld und der Sympathieen der Menfchhcit haben
es zu Schanden gemacht.

Feuer und Schwert find Widerfacher, die die Architcctur kennt, gegen die fie mit ihrem
fteinernen Körper gerüftet ift2), aber des Lichtes fürftlicher oder munizipaler Huld und der
'aufopfernden Hingebung eines Volkes kann fie nicht entbehren. Sie kann nicht wie andere
Künfte im Verborgenen blühen, fie kann nicht geftellt bleiben auf die Individualität eines Künft-
lers und kann nicht getragen werden von der bloßen moralifchen Kraft eines Volkes.

Die Exiftenzbedingungen jeder andern Kunft: Ruhe in den allgemeinen Verhältniffcn,
Bethätigung großer künftlerifcher Individualitäten und felbftftändige Freiheit des Volksgeiftcs lind
für die Architcctur nicht entfeheidend. Man denke nur an Aegypten, an Halikarnaß, an die
romanifchen Kirchen, die indifchen Bauten und an die Werke Napoleons I., die alle ohne diele
Bedingungen entftanden lind (Kinkel). Es bedarf die Architectur vor Allem eines großen
Willens und eines großen Opfers.

Was aber hat ein Werk der Architectur zu hoffen, wenn der Wille, der es fchuf, nicht

*) Die Acten «Heidelberg. Oeffentliche Baujache. Schloßbau i6<jo—1716» im Generallandesarchiv zu Karls-
ruhe geben die Daten dafür mit ziemlicher Ausführlichkeit: Seit dem Tode des Churfürften Karl herrfcht Anarchie
auf dem Schlöffe; alle möglichen Handwerker fchlagen in den verödeten Räumen ihre Ateliers auf, ja fogar ein
Metzger fchlachtet hier oben fein Vieh. Churfürft Johann Wilhelm läßt wieder Ordnung fchaffen und unterm 30. April
1691 fchfeibt er, er wolle das Schloß nach und nach wieder zu einer churfürftlichen Refidenz herrichten (S. 33).
Der Otto-Heinrichsbau ift bereits theihveife hergeftellt und es wird daran weiter gebaut, während für die übrigen
Räumlichkeiten alles zur Confervirung Erforderliche gefchieht (S. 80). Der Bildhauer Charrasky entwirft Zeichnungen
zu Caminen und bittet um Beftellung (S. 113), Obriftlieutenant Dürr und Ingenieur Fleumalc nehmen einen Plan von
Stadt und Schloß auf (S. 363/9. 443. 457). Seit dem März 1699 beginnt eine noch regere Thätigkeit, da der
Churfürft feine bevorftehende Reife nach Heidelberg ankündigt und auf dem Schlöffe Wohnung nehmen will (S. 419).
40 Zimmerleute find zugleich befchäftigt (S. 439). Ein neuer Sporn für die Arbeiten ift die (Mai 1703) gemeldete
Ankunft des römifchen Königs (S. 717).

Elifabeth Charlotte hört von den Reftaurations-Arbeiten in Heidelberg durch holländifche Zeitungen und will
diefer günftigen Nachricht keinen Glauben khenken. Vergl. ihre Briefe in der 88. Publication der Bibliothek des
literarifchen Vereins S. 176 a. 1699.

2) Leon Battifta Albcrti ficht gerade darin die Hauptaufgabe des Architecten «Diranno quelle cittä, che souo
State assediate, di non si essere diffese con alcuna altra cosa, piu che con lo aiitto e cou le arti dello architätore». Archiiettura.
Ueberfetzt von Bartoli. Florenz 1565.
 
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