Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ross, Ludwig; Schaubert, Eduard; Hansen, Christian
Die Akropolis von Athen nach den neuesten Ausgrabungen, Erste Abtheilung: Der Tempel der Nike Apteros — Berlin, 1839

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.949#0011
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
iMc Ke ui erstalu en vor den Propyläen.

7

Gewissheit hervorgeht, dass das Standbild des Agrippa, falls es selbst eine Reuterstatue gewesen wäre, unter den
von Pausanias erwähnten Reuterbildern nicht mit begriffen war: so wird man genöthigt, sich nach einem andern
Platze für die Reuterbilder des alten Pericgeten umzusehen. Einen solchen wollen wir in dem Folgenden mit
Wahrscheinlichkeit anzudeuten suchen; und sollten selbst weitere Entdeckungen zu einem andern Resultate führen,
so werden wir doch die Genugthuung behalten, die gänzliche Unhaltbarkeit der herkömmlichen Annahme nachge-
wiesen zu haben 63.
Zwischen dem Postament des Agrippa und der südwestlichen Ante des nördlichen Flügels der Propyläen hat
man bisher eine Art Verbindungsmauer, mit einem Durchgänge in der Mitte, vorausgesetzt64. Auf Revctts Grund-
risse der Propyläen sind in dieser Mauer sogar zwei durch einen Pfeiler in der Mitte getrennte Oeffnnngcn
angegeben65. Beide diese Annahmen beruhten, was den an das Postament sich anlehnenden Thcil dieser Mauer
und den (bei Revett) freistehenden Pfeiler betrifft, auf blosser Vermuthung, da der ganze Raum zwischen dem
Piedestal und der Ante des nördlichen Flügels durch ein neueres Gemäuer verschlossen war, und haben sich nach
Wegräumung desselben als irrig ergeben.
Es besteht nur eine aus der Verlängerung des Unterbaues der untersten (dritten) Stufe des nördlichen Flügels
der Propyläen hervorgehende, um 1,72 Meter über diese Stufe vorspringende Mauer aus Pentelischem Marmor,
zwischen welcher und dem Postament mithin ein Raum von 2,98 Meter offen bleibt. Ihre Breite beträgt 0,885
Meter, ihre gegenwärtige Höhe 2,50 Meter; d. h. sie ist gleich hoch mit der untersten weissen Marmorstufe des
nördlichen Flügels. Diese Mauer schliesst an ihrem westlichen Ende mit einer Ante ab, welche 53 Centimeter
von der ganzen Länge einnimmt und an jeder Seite um einen Centimeter vorspringt, deren Gesims und Capitell
aber fehlt66; sie muss mithin wenigstens noch um die Dicke einer Platte, oder um 30 Centimeter höher angenommen
werden. Die Bestimmung dieses Mauerpfeilers ist, der südwestlichen Ecke des Unterbaus, welche eine so grosse
Last zu tragen hatte, mehr Festigkeit zu geben; es ist aber kaum anzunehmen, dass der Baumeister denselben
ohne irgend einen Schmuck gelassen haben sollte. Hierüber kann indess nur die Auffindung der Bekrönungs-Platte
Aufschluss geben67; bis dahin mag es als eine blosse Vermuthung gelten, dass eine der Reuterstatucn des Pausanias
auf diesem Pfeiler stand. Derselbe Pfeiler, in den nämlichen Dimensionen, wiederholt sich an der Fa^ade des
Unterhaus des südlichen Flügels der Propyläen, wo zwischen ihm und dem Unterbau des Siegstempels eine kleine
Stiege angebracht ist68; nur fehlen dort wenigstens zwei Platten an seiner ursprünglichen Höhe. Wir hätten also
hier einen symmetrisch entsprechenden Platz für die zweite Reuterstatue; und wenn diese Vermuthung sich als
gegründet erweisen sollte, so würde die enge Verbindung der Bilder mit dem Gebäude cs hinlänglich aufklären,
warum Pausanias zweifelhaft blieb, ob er sie nach einer Tradition für die Söhne des Xenophon, oder blos für
allegorische, zum Schmuck des Einganges der heiligen Burg bestimmte Kriegerfiguren zu halten habe.
Da die Erbauung des grossen und plumpen Postaments des Agrippa an seiner gegenwärtigen Stelle gewiss
nicht schon im Plane des Baumeisters der Propyläen, des Mnesikles, liegen konnte, so ist der zwischen demselben
und dem Schlusspfeilcr der eben beschriebenen Mauer entstandene Durchgang ein Werk des Zufalls, nicht der
Berechnung. Doch wollen wir nicht in Abrede stellen, dass er, einmal entstanden, von denjenigen benutzt worden sein
mag, welche auf dem obenerwähnten Seitenpfade, über die in den Felsen gehauenen Stufen westlich neben der
Pansgrotte69, auf die Akropolis oder in die Stadt hinunterstiegen. In diesem Falle müssen sich hier, da der
Abhang sehr steil ist, noch weitere Stufen finden. Dieser Punkt kann aber erst nach Abtragung der von Odysseus
im Jahre 1825 erbauten, die Quelle Klepsydra umschliesenden Bastion aufgehellt werden.

DRITTER ABSCHNITT.

Grosse Aufgangstreppe zu den Propyläen. — Kleine Seitenstiege. — Unterbau
des Siegstempels. — Angaben der Alten über den Tempel der Nike Apteros. —
Seine Erbauungszeit. — Die Hekate Epipyrgidia des Alkamenes. — Beschreibung
des Tempels.

>V ir haben in dem vorhergehenden Abschnitt unsere Leser von dem Heiligthum der Ge und Demeter bis an den
Unterbau der Propyläen geführt, und die auf diesem Wege bemerkenswerthen Monumente, so weit sie durch die
bisherige Ausgrabung in ein klareres Licht getreten sind, in Erwägung gezogen und beschrieben. Mit Bedauern
mussten wir die grosse Aufgangs-Treppe zu den Propyläen übergehen, weil ihr ganzer Verlauf noch nicht mit voller
Gewissheit anzugeben ist. Doch können wir so viel als sicher feststellen, dass dieselbe wenigstens auf ihrer Süd-
seite, da wo sie den durch die Verlängerung des Unterhaus des südlichen Propyläen-Flügels gebildeten Pfeiler70
erreicht, ein breites Podest hatte, von welchem die oben erwähnte schmale Stiege '* zwischen jenem Pfeiler und

63) Feber die Nichtexistenz des Postaments des Augustus vergl. auch Dr.
Kramer im Bullet, d. Instit. Archeol. 1835, p. 120.
64) Vgl. Leake, Topographie, Taf. 3 und 4, und die restaurirte Seitenansicht
der Akropolis Taf. 6.
65) Stuart, Alterth. von Athen Lief. 8, Taf. 7 der deutschen Ausg.
6r>) In der Erwartung, dass diese Stücke sich noch finden, theilen wir noch
keinen Aufriss der Mauer nebst der Ante mit.

67) Auf deren oberer Fläche sich nämlich, falls eine Statue darauf stand,
Spuren von den Füssen zeigen müssen.
63) S. Taf. II, Fig. 2 bei a.
69) Vgl. oben Anmerk. 37 und 38.
7U) Vgl. den vorhergehenden Abschnitt.
71) S. oben Anm. 68, und Taf. II, Fig. 2 b, sowie Taf. III, Fig, 1 E. dieses
■Werkes.

4
 
Annotationen