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Muzeum Narodowe <Breslau> [Hrsg.]; Muzeum Śla̜skie <Breslau> [Hrsg.]
Roczniki Sztuki Śląskiej — 13.1983

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Rozprawy
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Niemczyk, Małgorzata: Kaplice mieszczańskie na Śląsku w okresie późnego gotyku
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https://doi.org/10.11588/diglit.13737#0080
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66

Małgorzata Niemczyk

ginning of the fifteenth century. The building of the
fiiist chapels was often linked with the finał stages
of church construction. Sometimes chapels were
built with the entire body of the church in accordan-
ce with a preconceived plan (St. Jacob's Church in
Nysa). But more often chapels were built successi-
vely at the finished church. An increase in townsmen

activity in building chapels was noticeable again in
the mid-fifteenth century. The reformation at the
beginning of the sixteenth century concluded this
chapter in the development of medieval sacral ar-
chitecture under the patronate of townsmen.

translated by J. Rudzki

BURGERKAPELLEN IN SCHLESIEN IN DER SPATGOTIK
Zusammenfassung

Ein charakterlstlsches Element vieler stadtischer
Pfarrkirchen waren in der Gotikzeit Reihen von Ka-
pellen, die an die Seitenschiffe angebaut wurden.
Diese ungroBen Anlagen, die ais Stiftungen des Pa-
triziats, der Berufs- und religiosen Verbande ent-
standen, sind eine interessante Erscheinung sowohl
in kunstlerischer ais auch kultureller Hinsicht. Sie
sind ein Kettenglied der Kapellenarchitektur, dereń
bisherige Entwicklung bei den Hofkapellen anfing
und iiber die Feudalherrnkapellen an den Koiwen-
ten, Feudalherrnkapellen in den dorflichen Pfarrkir-
chen und die Kapellen der Kirchen- und Staatswur-
dentrager in den Kathedralen und Kollegiatkirchen
weiterging. Vor allem also waren es Kapellen-Ora-
torien und Kapellen-Mausoleen. Formal gesehen,
knupfen sie an die mit der Kirchenarchitektur in-
tegral verbundenen Kapellen an, die in der roraa-
nischen Architektur im allgemeinen liturgischen
Zwecken dienten, welche mit dem Reliąuienkultus
zusammenhingen. Denn die Burgerkapellen sind in
der spatgotischen Architektur untergeordnete Aus-
fiihrungen gegenuber der Kirchenarchitektur. Sie bil-
den gewohnlich vereinheitlichte, mit der allgemeinen
architektonischen Konzeption verbundene Reihen. Nur
eine ungroBe Zahl der in Schlesien registrierten Ka-
pellen zeichnet sich durch eine gróBere architekto-
nische Selbstandigkeit aus. Von einem individuellen
Ausdruck entscheiden vor allem die architektonische
Plastik und die Details der Dekoration und der In-
nenausstattung.

Die Entstehung der Burgerkapellen stand im Zu-
sammenhang mit der Erweiterung des Bestattungs-
rechtes im Kirchenumkreis fiir weltliche Personen,
darin — die Vertreter des Patriziats, wie auch der
Zunftaltester. Die rechtliche Grundlage boten hier-
fur die Regeln des Patronatsrechtes. Die Ubernahme
des Patronats iiber die Pfarrkirchen durch den Stadt-
rat hatte Grundlagen geschaffen, daB die Stadtrat-
mitglieder ais Patrone Bestattungsrecht in der Ka-
pelle erwarben, die sie in der Kirche gestiftet hat-
ten. Diese Erscheinung spiegelt allgemeinere kultu-
relle Tendenzen des Spatmittelalters wider. Die Rang-
erhóhung des Burgertums, das Gefuhl des Indivi-
duellen, der Eigenart der sozialen Gruppe driickten
sich in einer spezifischen Lebensweise aus, die ge-
wissermaBen an die Hofkultur ankniipfte. Das Be-

sitzen einer Familienkapelle betonte manche neue
Biirgerrechte, die etwas friiher fiir die Feudalge-
schlechter verwahrt waren.

Die Analyse der Kapellenarchitektur und des
Komplexes der in der Kapellenausstattung enthalte-
nen Inhalte laBt die Grundfunktionen bestimmen:
die sepulkrale, die reprasentative und — mitunter —
ais Versammlungsstatte. Die Thematik der Darstel-
lungen, die in der architektonischen Plastik (haupt-
sachlich am Gewolbe) enthalten sind, verbindet sich
mit der eschatologischen, sepulkralen und manchmal
auch moralisierenden Problematik. Die Innenaus-
stattung (vor allem die Altare mit reichen Retabeln)
vermittelte in ihren bildlichen Darstellungen die
Grundgesetze des Glaubens, wie auch zeigte die
Schutzpatrone der Familie, der Zunft oder des Ve-
reins. Ais aktualisierende Elemente treten oft Fa-
milienwappen, Handwerkermarken, Zunftensymbole
oder — ausnahmsweise — Portrats von ausschlieBlich
konventionellem Charakter auf.

Die behandelten Burgerkapellen sind ein Novum
ais Kulturerscheinung; hinsichtlich ihrer kiinstleri-
schen Form dagegen lassen sie sich im Bereich der
geltenden Kanons der mittelalterlichen Asthetik un-
teibringen: Schónheit und Kunst sind hauptsachlich
Mittel und nicht Ziel des Handelns. So waren denn
auch die Burgerkapellen vor allem Devotions- und
nicht selten auch Siihneakte.

Die iiberwiegende Anzahl der Burgerkapellen auf
dem Gebiet Schlesiens entstand in der zweiten Halfte
des 14. und zu Anfang des 15. Jh. Der Aufbau der
ersten Kapellen verband sich oft mit der SchluBphase
des Kirchenaufbaus. Manchmal baute man Kapellen
gleich mit dem ganzen Corpus nach einem vorge-
faBten Plan (die Jakobskirche in NeiBe). Zumeist
aber wurden die Kapellen an einer bereits fertigen
Kirche sukzessiv hinzugebaut. Eine Aktivitatssteige-
rung der Burger im Bereich des Kapellenaufbaus
wird sich wiederholt gegen Mitte des 15. Jh. abzeich-
nen. Die an der Schwelle des 16. Jh. eintretende Re-
formation wird dieses Kapitel der Entwicklung der
mittelalterlichen sakralen Architektur unter dem Pa-
tronat des Burgertums schliefien.

iibersetzt von M. Adamski
 
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