ÜBER DAS WAHRE IDEAL: DRITTENS DAS
GROTESKE
§ 1. Schon in den ,Steinen von Venedig' hatte ich Gele-
genheit gefunden, die edle Art und den Einfluss grotesker
Vorstellungen und Ideen nach besten Kräften zu zergliedern.
Sehr gerne verweise ich nun hier von neuem den Leser
auf dieses Werk, denn es bildet zugleich mit dem vor-
liegenden Buche nur den Teil eines Ganzen, das bloß nach
der Gelegenheit, die ich fand, den einen oder den anderen
Teil auszuführen, zerschnitten ist. Denn ich habe immer-
dar die Architektur als einen wesentlichen Bestandteil der
Landschaft betrachtet; und ich halte das Studium ihrer
besten Stile und das von deren wahrhaftem Sinn und von
ihrer Bedeutung für eine notwendige Arbeit des Landschafts-
malers, ganz ebenso, wie der Architekt insolange kein
Meister in seinem Fache wird, ehe nicht all seine Entwürfe
durch das Verstehen der wilderen, freieren Schönheit der
reinen Natur geleitet sind. Aber, wie dem auch sei, die
Besprechung des grotesken Elementes gehört jedenfalls
recht eigentlich in den Essay über die Architektur, in der
es ja immer seine vollständigste Entwickelung finden kann.
§2. In diesem Kapitel* ist das Groteske den Haupt-
richtungen nach in drei Klassen geteilt.
(A) Kunst, die aus einem gesunden aber vernunft-
widrigem Spiele der Einbildungskraft in müßigen Stunden
entspringt.
(B) Kunst, die aus unregelmäßiger oder zufälliger Be-
• Über die groteske Renaissance, Bd. III.
GROTESKE
§ 1. Schon in den ,Steinen von Venedig' hatte ich Gele-
genheit gefunden, die edle Art und den Einfluss grotesker
Vorstellungen und Ideen nach besten Kräften zu zergliedern.
Sehr gerne verweise ich nun hier von neuem den Leser
auf dieses Werk, denn es bildet zugleich mit dem vor-
liegenden Buche nur den Teil eines Ganzen, das bloß nach
der Gelegenheit, die ich fand, den einen oder den anderen
Teil auszuführen, zerschnitten ist. Denn ich habe immer-
dar die Architektur als einen wesentlichen Bestandteil der
Landschaft betrachtet; und ich halte das Studium ihrer
besten Stile und das von deren wahrhaftem Sinn und von
ihrer Bedeutung für eine notwendige Arbeit des Landschafts-
malers, ganz ebenso, wie der Architekt insolange kein
Meister in seinem Fache wird, ehe nicht all seine Entwürfe
durch das Verstehen der wilderen, freieren Schönheit der
reinen Natur geleitet sind. Aber, wie dem auch sei, die
Besprechung des grotesken Elementes gehört jedenfalls
recht eigentlich in den Essay über die Architektur, in der
es ja immer seine vollständigste Entwickelung finden kann.
§2. In diesem Kapitel* ist das Groteske den Haupt-
richtungen nach in drei Klassen geteilt.
(A) Kunst, die aus einem gesunden aber vernunft-
widrigem Spiele der Einbildungskraft in müßigen Stunden
entspringt.
(B) Kunst, die aus unregelmäßiger oder zufälliger Be-
• Über die groteske Renaissance, Bd. III.