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Malerei (De la ecelentia de pitura) empfohlen [102]. Aus seiner Wittenberger Zeit sind zwei Seite 402
wichtige Werke erhalten, das Brustbild des segnenden Christus, in Dresden [103], durch die Seite 424
lateinische Inschrift des Cranach-Holzschnittes von 1553 für 1503 gesichert, und das Stilleben
mit Rebhuhn, Panzerhandschuhpaar und Armbrustbolzen von 1504 in München. [104] Das Seite 425
Christusbild galt als eine besonders authentische Darstellung, es war in dieser Hinsicht das
Gegenstück zu einem Gemälde des Leibes Christi nach Jerusalemer Maß, das wohl von Fried-
rich aus dem Heiligen Land mitgebracht worden war. [105] Mit Barbaris Gemälde war dem
Typus nach ein Stück venezianischer Tradition in Wittenberg; in der Darstellungsweise ist
das Vorbild Dürers deutlich, das der Italiener durch feine, durchsichtige Malerei noch zu
übertreffen suchte. Das Jagdstilleben vor der Bretterwand ist das früheste Beispiel seiner Gat-
tung überhaupt. Mit Darstellungen dieser Art muß man sich das Jagdschloß Lochau, den
Lieblingssitz des Kurfürsten, ausgestattet denken. Cranach selbst hat nach dem Bericht
Scheurls ähnliche Malereien vor 1509 in den kurfürstlichen Schlössern zu Coburg, Torgau und
Lochau ausgeführt [106]; ein enger Anschluß an Barbaris Stilleben ist in Cranachgemälden,
allerdings erst nach 1530, unverkennbar. [107] Beide Künstler haben gleichzeitig in Lochau
gearbeitet, haben einmal ihren Lohn zusammen erhalten. Einzelne verschiedenartige Rück-
griffe Cranachs auf Barbari bezeugen die anhaltende Hochachtung vor dem Italiener, wofür
neben dem erwähnten Holzschnitt auch die Aufbewahrung von drei Gemälden Barbaris im
Cranach-Nachlaß ein Zeugnis ist.

Der Eintritt Cranachs in kurfürstliche Dienste ist nicht durch Verschreibung festgehalten
worden. [108] Eine Anweisung über vierzig Gulden am 14. April 1505 in Torgau bezeichnet
den Zeitpunkt der Übersiedlung. Cranachs Einkünfte als Hofmaler dürften sich seitdem aus
dem festen Jahresgehalt von hundert Gulden und aus dem Ertrag der einzelnen Arbeiten, die
nach Quittungen bezahlt wurden, zusammengesetzt haben. Kostbare Farben und das Ma-
terial für Vergoldungen und Versilberungen wurden, wie üblich [109], gesondert vergütet.
Cranach erhielt das Hofgewand, mit Regelmäßigkeit Sommer- und Winterkleidung, seit dem
Jahr 1506. [110] Die großzügigen Bedingungen für den neuen Hofmaler lassen erkennen, daß
man sich bewußt war, einen erfahrenen Künstler zu gewinnen. Wahrscheinlich bekam Cra-
nach vom Kurfürsten auch ein Privileg, das seine Bilder gegen unlautere Nachbildungen
schützte, wie es Barbari für seine Gemälde in Wittenberg bekommen haben soll, [in] Zeichen
einer solchen Begünstigung ist wohl das kurfürstliche Wappenpaar, das seitdem mit wenigen
Ausnahmen [112] auf Cranachs Holzschnitten und Kupferstichen zu finden ist.

Das erste Wittenberger Jahr des Künstlers ist arm an erhaltenen Werken, was vermutlich
mit der Belastung durch die Ausmalung von Schloß Lochau zusammenhängt. Die einzige
datierte Arbeit, ein großer Holzschnitt mit der Verehrung des Herzens Mariä [113], enthält Tafel 25
wohl eine Darstellung dieses Jagdschlosses im Hintergrund. Es ist das erste Einzelblatt Cra-
nachs, von dem eine größere Auflage gedruckt worden ist. Engel, die noch wie Geschwister
der Heiligen Familie in Berlin-Dahlem wirken [114], halten ein Schild mit dem Marienherz, Tafel 20
dem das Bild des gekreuzigten Christus aufgelegt ist. Darunter, offenbar in Fürbitte gegen
eine drohende Seuche: Maria, Johannes, Sebastian und Rochus. [115] Trotz lebhaft beob-
achteter Einzelheiten, die fast in jedem Durchblick auftauchen, überwiegt die feierliche Ord-
nung großer Gestalten, in denen wiederum Vorbilder von Dürer aufleben. [116] Das große
Herzschild, eine der ersten Formulierungen dieser Art, zwingt alle übrigen Zeichen zu völliger
Symmetrie: Kur- und Rautenkranzwappen in den unteren Ecken, das Monogramm mit der
einbeschriebenen Zahl in der Mitte. Dieses feierliche Blatt, das durch seinen gesuchten Inhalt

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