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Auch topographische Gegebenheiten müssen auf ähnliche Weise festgehalten worden sein;
das am besten bestimmte Beispiel eines von Cranach studierten Bauwerkes ist die Veste
Coburg, in frühen Jahren Sitz Johanns des Beständigen. [324] Sie erscheint in einer Ansicht
Tafel 27 von Norden auf einem Holzschnitt mit dem Herzog Johann Friedrich als reitendem Knaben
Seite z} [325], außerdem von Osten gesehen auf einem Holzschnitt mit der Erasmusmarter [326] und

Tafel yj\ auf dem rechten Flügel des Dresdener Katharinenaltars, alles 1506 entstandene Arbeiten.

Andere Schloßbauten auf frühen Holzschnitten [327] und auf der Mitteltafel des Katharinen-
altars sind bisher noch nicht bestimmt worden; einmal ist Schloß Mansfeld auf dem Bild der

Tafel 162 Hirschjagd von 1529 [328] zu erkennen, ein paarmal Schloß Torgau mit dem stolzen Johann-

Tafel zu Friedrichs-Flügel. [329] In allen Fällen sind die wohl benutzten Vorlagen nicht erhalten. Auf
ihr Vorhandensein ist zu schließen, wenn noch in einem Bild des jüngeren Cranach vom Jahre

Tafel z$z 1558 die Darstellung der Veste Coburg erscheint.

In Musterblättern sind auch eine Reihe von Jagdtrophäen festgehalten worden: Wild-
schweine von ungewöhnlicher Größe und auffälliger Färbung [330], Rotwild [331] und eine

Tafel 169 Reihe von erlegten Vögeln in ihrem bunten Federkleid. Die Gimpel [332], Seidenschwänze

Tafel ijo [333] und Rebhühner [334] sind lebensgroß gemalt, wie sie in streifendem Licht an Nägeln
vor der Wand hängen. Obgleich Beispiele erst aus den Jahren um und nach 1530 erhalten sind,
ist das Vorbild des Stillebens von Jacopo de'Barbari aus dem Jahre 1504 unverkennbar, das
von dekorativen Wandmalereien begleitet gewesen sein dürfte. [335] Trotz der Signatur,
durch die eines der Blätter ausgezeichnet ist, handelt es sich wohl weniger um selbständige
Kabinettstücke als um Muster für den Vorrat der Werkstatt. So finden sich die toten Reb-
hühner und eine erlegte Wildente mit anderen Trophäen und Jagdwerkzeugen in Gemälden
wie der sogenannten Bezahlung von 1532 und in verschiedenen Fassungen des Herkules-und-
Tafeln ij6-ijc> Omphale-Themas der Jahre 1532, 1535 und 1537. [336] Da eines der Gemälde die Signatur
des Hans Cranach trägt, ist damit zu rechnen, daß die Tierstudien der Zeit um 1530 mehr oder
weniger Arbeiten der Söhne Cranachs sind, mit denen das Repertoire der Werkstatt aufgefüllt
wurde. Die stattliche Reihe von Bildnisstudien aus den frühen Jahren des jüngeren Cranach
[3 37] legt jedenfalls diesen Schluß nahe.

Dem Aufgabengebiet der Wandmalerei, von der so gut wie nichts erhalten geblieben ist,
werden eine Reihe Zeichnungen verdankt, die zwischen Ideenskizze und sauberer Visierung
entstanden scheinen. In ihnen steht das Problem der Herauslösung einzelner Figuren aus
gemalten Nischen zur Aufgabe. Immer wieder werden Momente der Überraschung gesucht:
wenn ein Wächter von dem unwirklich weit hervorragenden Balkon eines Außengiebels [3 3 8]
herabschaut, die Beine eines anderen schlafenden Wächters aus einer Nische hervorragen

Tafel 100 [339], Musikanten [340] oder ein Riese [341] wie über einem hohen Gesims herabblicken.

Putten in hohen Rundnischen erscheinen [342]. In Gemälden, Zeichnungen und Holzschnitten
Tafeln 59, 60, 65 um 1509 [343] sind solche Motive beliebt, im Gebrauch der Wandmalerei haben sie sich gewiß
noch länger gehalten.

Der Teil des Cranachwerkes, der unter dem Begriff Zeichnungen zusammengefaßt wird,
besteht überwiegend aus Vorarbeit zu Gemälden. Das Zeichnen mit dem Stift oder der Feder,
soweit es nicht dem angestrebten Gemälde gilt, fehlte, wären nicht die frühen Studien von
Tafeln iS, ig, zi Schächern am Kreuz [344] und Johannes dem Täufer in der Landschaft [345] erhalten. Als
Zeichnung bildmäßig abgeschlossen ist wohl nur das Helldunkelblatt mit der Darstellung des
Tafel 23 heiligen Martin. [346] Es ist neben dem Deckfarbenblatt des Gimpelpaares wohl die einzige
signierte und datierte Zeichnung des Meisters.

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