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— 59 —

neue Zeit begonnen hat: jene für das Mittelalter so
charakteristische, für uns Moderne so schwer nachzu-
fühlende religiöse Grundstimmung ist der Kultur zum
Opfer gefallen; die gesteigerte Möglichkeit des Geld-
erwerbs schon inusste in dem an sich demokratischen
Bürgertum dem einzelnen, der Individualität, eine ganz
neue Rolle zuweisen. Auch in der Kunst beginnt die
Persönlichkeit der Meister allein den Wert des Werkes
zu bestimmen: die Kunstgeschichte wird zur Künstler-
geschichte. Während die Architektur dem Ehrgeiz der
einzelnen und der Gemeinde dient, indem sie an Rat-
häusern, Kaufhallen, Zunftstuben, endlich auch am l'a-
trizierhaus die neuen Gedanken verkörpert, deren die
späte Gotik noch fähig ist, übernimmt die individuellere
Malerei die Führung, die Plastik, die Bildschnitzerei zum
mindesten, schliesst sich ihr an und eine unvergleich-
liche Blüte der vervielfältigenden Technik, des popu-
lären Holzschnitts und des vornehmeren Kupferstichs,
kommt ihr zu Hilfe.

Ein Maler steht auch im Mittelpunkt der zur Aus-
schmückung des neuen Chors sich entfaltenden Thätig-
keit, die für zwei Jahrzehnte Freiburg zu einem nam-
haften Zentrum der schwäbischen Kunstschule erhob:
Hans Baidung Grien, der Meister von Gmünd.

Als er im Jahre 1511 aus dem nahen Strassburg Baidnnga

° Leben nn.l

hierher übersiedelte, wo sein Bruder Kaspar
.Juristenfakultät einen Lehrstuhl inne hatte, war Baidung
ein Mann in den besten Jahren und eben im Begriffe,
die Höhe seines Könnens zu erreichen. In Nürnberg
in der Werkstatt Dürers hatte er in gründlichem Natur-
 
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