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Leider haben sich weder in Weimar noch im Frankfurter
Goethehaus Zeichnungen gefunden, auf die diese Schilderung
zutrifft. Die kleine Zeichnung von Goethes Musikzimmer in
Frankfurt, die einem hierbei einfällt, ist so dilettantenhaft und
«nebulistisch», so mangelhaft in Perspektive und trägt doch
einen so einheitlichen Charakter, daß keine fremde Hand und
am allerwenigsten die eines Malers daran gerührt haben kann.
Das Nichtauffinden der Zeichnungen, die vielleicht verloren
gingen, die ein Zufall aber auch wieder ans Licht bringen
kann, beweist freilich nichts gegen Goethes Aussage, und die
Tatsache bleibt bestehen, daß Morgenstern Goethes Zeichnungen
korrigiert hat.
Mit Recht hebt Goethe hervor, — seine Schilderung betrifft
das Jahr 1769 — daß Morgensterns Tätigkeit als Architektur-
maler «später» eingesetzt hat, während er wohl späteren Er-
eignissen vorgreift, wenn er Morgenstern schon um diese Zeit
«den Hauskünstler» des alten Herrn Rat nennt. Morgenstern
kommt erst am 27. Oktober 1769 nach Frankfurt und verläßt
die Stadt bereits am 22. Mai 1770, es ist also kaum anzu-
nehmen, daß er bereits in dieser kurzen Zeit zum «Hauskünstler»
avanciert war. Auch das Haushaltungsbuch des alten Goethe,
das Einträge vom 1. Januar 1753 bis zum 10. September 1779
enthält, weist erst am 24. Oktober 1772 — also sehr kurze
Zeit nach Morgensterns Rückkehr nach Frankfurt (am 29. Juli
1772) — den Posten auf:
«Joh. Ludw. Ernst Morgenstern:
4 Gemälde für Fl. HO. — »107
Welcher Art diese vier Rilder waren, läßt sich nicht mehr
feststellen, da der alte Herr Rat in seiner lakonischen Art eine
nähere Rezeichnung für überflüssig hält, und unter Morgensterns
Aufzeichnungen sich nichts gefunden hat, das auf jene Aufträge
Licht wirft. Kircheninterieurs können es nicht gewesen sein,
da solche nicht vor 1775 entstanden sind. Ebensowenig ist
anzunehmen, daß es Kopien nach Seekatz waren, die Morgen-
stern in Darmstadt gemalt hat, da der alte Rat Originale von
«Gevatter Seekatz» besessen hat. Auch Landschaften dürften
107 Ruland, a. a. 0., S. 79.
Leider haben sich weder in Weimar noch im Frankfurter
Goethehaus Zeichnungen gefunden, auf die diese Schilderung
zutrifft. Die kleine Zeichnung von Goethes Musikzimmer in
Frankfurt, die einem hierbei einfällt, ist so dilettantenhaft und
«nebulistisch», so mangelhaft in Perspektive und trägt doch
einen so einheitlichen Charakter, daß keine fremde Hand und
am allerwenigsten die eines Malers daran gerührt haben kann.
Das Nichtauffinden der Zeichnungen, die vielleicht verloren
gingen, die ein Zufall aber auch wieder ans Licht bringen
kann, beweist freilich nichts gegen Goethes Aussage, und die
Tatsache bleibt bestehen, daß Morgenstern Goethes Zeichnungen
korrigiert hat.
Mit Recht hebt Goethe hervor, — seine Schilderung betrifft
das Jahr 1769 — daß Morgensterns Tätigkeit als Architektur-
maler «später» eingesetzt hat, während er wohl späteren Er-
eignissen vorgreift, wenn er Morgenstern schon um diese Zeit
«den Hauskünstler» des alten Herrn Rat nennt. Morgenstern
kommt erst am 27. Oktober 1769 nach Frankfurt und verläßt
die Stadt bereits am 22. Mai 1770, es ist also kaum anzu-
nehmen, daß er bereits in dieser kurzen Zeit zum «Hauskünstler»
avanciert war. Auch das Haushaltungsbuch des alten Goethe,
das Einträge vom 1. Januar 1753 bis zum 10. September 1779
enthält, weist erst am 24. Oktober 1772 — also sehr kurze
Zeit nach Morgensterns Rückkehr nach Frankfurt (am 29. Juli
1772) — den Posten auf:
«Joh. Ludw. Ernst Morgenstern:
4 Gemälde für Fl. HO. — »107
Welcher Art diese vier Rilder waren, läßt sich nicht mehr
feststellen, da der alte Herr Rat in seiner lakonischen Art eine
nähere Rezeichnung für überflüssig hält, und unter Morgensterns
Aufzeichnungen sich nichts gefunden hat, das auf jene Aufträge
Licht wirft. Kircheninterieurs können es nicht gewesen sein,
da solche nicht vor 1775 entstanden sind. Ebensowenig ist
anzunehmen, daß es Kopien nach Seekatz waren, die Morgen-
stern in Darmstadt gemalt hat, da der alte Rat Originale von
«Gevatter Seekatz» besessen hat. Auch Landschaften dürften
107 Ruland, a. a. 0., S. 79.