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Scheffer-Boichorst, Paul [Editor]
Annales Patherbrunnenses: eine verlorene Quellenschrift des zwölften Jahrhunderts ; aus Bruchstücken wiederhergestellt — Innsbruck, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.22433#0016
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schöfe nicht erwähnt wird. Sollte nicht vielmehr anzunehmen sein, dass
man an einem anderen Orte ein besonderes Interesse für den Hetzel und
Udo hatte ? Doch ich komme darauf zurück. Unerledigt bleibt einstweilen
auch die weitere Frage, ob der Schreiber, gleich seinem Vorgänger, blosser
Abschreiber war oder aus eigenem Geiste erzählte. Wie aber auch diese
Fragen beantwortet werden, — der Kürze halber rede ich von hildesheimer
Annalen, vom Werke des Hildesheimers.

Ein viel mannichfaltigeres Werk, als die hildesheimer Arbeiten, hat
um die Mitte des 12. Jahrhunderts 1 der sogenannte Annalista Saxo ver-
fasst. Was später ein Landsmann von sich rühmte, muss auch von ihm
gelten: „Dher Wisere und ober Leyne, :: Ober dher Elbe und ober dher
heyde, :: Dhuringhen unte Saxen beyde, :: Swa dhe aldhen sticte waren,
:: han ich eyn teyl der scrift durchvaren. * So hat er mit rühmlichstem
Eleisse zusammengetragen, und was ihm etwa an Geschmack fehlt, ersetzt
seine Treue, die meist den Wortlaut der Vorlage wiedergiebt. Doch hat
sich sein Werth sehr gemindert, seitdem Waitz die Mehrzahl der von ihm
benutzten Quellen nachgewiesen hat. Dazu lassen sich jetzt noch die rosen-
felder Annalen ergänzen; und deutlich erkennt man eine gemeinsame Grund-
lage einerseits für unsere und die magdeburger,2 anderseits für unsere
und die pöhlder Annalen. Was die hildesheimer betrifft, so mag ihr Ver-

1) S. darüber "Waitz M. G. Ss. 6,547 und Winkelmann Geschichtschreiber der
deutschen Torzeit XII. Jahrhundert 5. Bd. Vorrede VII. Dagegen könnte man geltend
machen, dass eine Quelle des Sachsen, die Annalen von Rosenfeld, wie Jaffe im
Archiv der Gesellschaft 11,864—867 gezeigt hat, erst mit 1164 endigt. Doch ist
damit noch nicht gesagt, dass die rosenfelder Annalen auch erst 1164 angelegt
wurden. Ein Theil kann viel früher geschrieben sein und, bevor er fortgesetzt
wurde, dem sächsischen Annalisten zugekommen sein. Zu dieser Annahme scheinen
mir die Gründe, welche Waitz und Winkelmann für das Alter des sächsischen
Annalisten vorgebracht, sogar zu zwingen.

2) Nach Waitz hätte der magdeburger Annalist allerdings vielfach aus gleicher
Quelle geschöpft, aber auch die sächsischen Annalen benutzt. Diese Ansicht stützt
sich, wenn ich nicht irre, allein auf die Gleichmässigkeit, in welcher hier und dort
die hildesheimer Annalen oder die Chronik Eckehards mit einer unbekannten Quelle
verbunden sind. Aber die Verbindung konnte ja schon in der unbekannten Quelle
vollzogen sein. Dafür scheint mir sicherer Beweis, dass aus einer Reihe von Werken,
die der Sachse benutzt hat, der Magdeburger auch nicht ein Sätzchen wiedergiebt,
z. B. aus ebendem Werke, welches wir herstellen. Der gleiche Grund widerlegt,
dass in dem Fragmentuni Luneburgicum, jetzt rosenfelder Annalen, das Werk des
Sachsen benutzt sei. Vielmehr sind die rosenfelder Annalen, wie man allein schon
aus den Eosenfeld betreffenden Angaben erkennt, eine Quelle des Sachsen. Weiter
ist die repgowsche Chronik aus den Ableitungen der sächsischen Annalen zu
streichen: seitdem die pöhlder Annalen gedruckt sind, erkennt ihan wohl, dass
diese Quelle, die den sächsischen Annalen so nahe verwandt ist, die Chronik ge-
speist hat. Es bliebe also von allen Werken, die nach Waitz von den sächsischen
Annalen abhängig wären, die kölner Königschronik. Aber wie sich ergeben wird,
hat deren Verfasser nur aus gleicher Quelle geschöpft. Ueberhaupt war der Sachse,
wenn ich nach meiner beschränkten Kenntniss urtheilen darf, im 12. und 13. Jahr-
hundert ein nur wenig gelesener Autor. Erst ganz aus dem Ende des 13. Jahr-
hunderts kenne ich die erste Ableitung: in der braunschweiger Reimchronik oder,
wie das Werk in Schellers Ausgabe heisst: De Kronika fan Sassen, sind die sächsi-
schen Annalen vielfach benutzt.
 
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