Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Cyklopischen Mauern. 201

Die beiden erstem Theile sind im Sommer 1884 von Herrn
Schliemann ganz ausgegraben worden und haben überraschende
Resultate geliefert. Auf der Hochburg ist fast der ganze Palast
mit seinen Thorgebäuden, Höfen, Sälen und Gemächern deut-
lich zu erkennen; die meisten Wände stehen noch ^'2—1 m
hoch aufrecht, zahlreiche Säulenbasen sind noch an ihrer Stelle,
und in den Thüren liegen noch die mächtigen steinernen Thür-
schwellen. Die mittlere Burg lieferte nur Reste von Fundament-
mauern; die Gebäude waren hier schlechter construirt als der
Palast auf der Oberburg und sind daher im Alterthum öfters
umgebaut und auch bei der Zerstörung der Burg mehr be-
schädigt worden. Die Unterburg ist noch nicht ausgegraben;
nur durch einen Längsgraben und einen Quergraben, die bis
auf den gewachsenen Fels hinabgeführt wurden, liess sich con-
statiren, dass auch hier die Fundamente von verschiedenen Bau-
werken erhalten sind. Welchen Grundriss diese Bauten der
Unterburg hatten, ist aber noch unbekannt.

Die gewaltigen Mauern, welche die ganze Burg umgeben,
sind aus grossen, nicht regelmässig bearbeiteten Kalksteinblöcken
hergestellt. Ohne Mörtel sind die mächtigen Steine aufeinander
gethürmt und werden nur durch ihr grosses Gewicht in ihrer
Lage gehalten. Die Fugen sind mit kleinen Steinen ausgefüllt.
Man nennt diese Bauweise bekanntlich die cyklopische, weil
uns die Sage berichtet, dass sich König Proitos, der Gründer
von Tiryns, die bauverständigen Cyklopen habe kommen lassen,
damit sie ihm die gewaltigen Burgmauern erbauten. Man be-
wunderte also schon im Alterthum die mächtigen Mauern und
glaubte, dass sie nicht von gewöhnlichen Werkleuten errichtet
sein könnten. Die Erzählung des Pausanias, dass -ein Maul-
thiergespann nicht einmal den kleinsten der Steine von Tiryns
fortbewegen könne, beruht allerdings auf Uebertreibung, denn
manche Steine der Burgmauer können von einem einzigen Ar-
beiter fortgewälzt werden. Aber im Durchschnitt sind die
 
Annotationen