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Schlosser, Julius von
Die abendländische Klosteranlage des früheren Mittelalters — Wien, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.13732#0053
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V.

CLUNY UND DER ORDO FARFENSIS.

Die Weltlage am Ende des ersten Jahrtausends war nicht
so beschaffen, dass sie einen erfreulichen Ausblick in die Zu-
kunft gewährt hätte. An der Spitze des mächtigsten abend-
ländischen Reiches stand ein phantastischer Träumer, im
Westfrankenreiche stieg der Letzte eines grossen Herrscher-
stammes fast unbeachtet in ein wenig rühmliches Grab; von
Osten und Süden her drang der Islam vor. Dazu die Erwartung,
dass man am Ende der Zeit stehe. Unter solchen Umständen
erwuchsen die neuen kirchenreformatorischen Ideen und gewannen
fruchtbaren Boden in den umdüsterten Gemüthern der Menschen.

Der entscheidende Anstoss ging von dem burgundischen
Kloster Cluny aus. Zunächst wurde das Mönchthum von der
Bewegung ergriffen;, es war der heilige Odilo (994—1049),
welcher die Reform des Bcnedictinerordens in das übrige
Frankreich, nach Deutschland und Italien trug.1)

Cluny ist eines jener ..Musterklöster" 2) des Mittelalters,
d. h. ein bewundertes und genau befolgtes Vorbild für andere

*) Ringholz, Der heilige Odilo von Cluny, Studien und Mittheilungen
a d. Ben. O. 5 und ü.

2) Das Institut der Musterkloster kennt schon die Merowinger-Zeit. Bei
Marculf 1, 1, (M. G. L.L. 5, 39, Roziere, Ree. des Formules 2, 574) sind
Lerins, St. Maurice in Wallis (Agaunum) und Luxeuil (leider fehlen uns
Nachrichten über ihre bauliche Gestaltung) als solche genannt. Ebenso in
Urkunden des VII. und VIII. Jahrhunderts, cf. Sickel. Beiträge z. Dipl. 4, 5.
(Wiener SB. 47.)
 
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