Einleitung.
Sage vom Galgenmännlein! Eine der vielen, die im
Volke leben, ewig frisch und jung. Manchen gibts, der in den Sagen
nnr Märchen sieht, denen man den Glauben versagen muß, wenn man
nicht kindisch erscheinen will. Sie mögen lächeln und die erfahrenen
Leute spielen, alle diese, sie werden dann aber auch verzichten müssen,
dem Volke anzugehören und teilzunehmen an der wahrheitsvollen, ge-
mütstiefen Volksseele. Volkssage! Was das Volk sagt: Wunderbar
klingts und gar geheimnisvoll ists, und doch verdient es Glauben, wie ja
auch das Volk daran glaubt. Denn, was es sagt, beruht auf Tat-
sachen. Das Volk sucht sich Vorgänge, Erfahrungen zu deuten, und
die Deutung gilt ihm dann als Wahrheit, und es straft jeden mit
Verschlossenheit, der es wagt mit einem zweifelhaften Lächeln an
dieser Gewißheit zu rütteln. Wenn selbst der größte Gelehrte dem
alten Förster beibringen wollte, es sei der wilde Jäger nichts anderes
als der heulende Sturmwind, so wird er überlegen lächeln, denn er
weiß gerade so gut, was der Sturmwind heulen kann, aber er weiß
noch besser, in den Zwölfnächten hat er ganz deutlich die Stimme des
wilden Jägers gehört, da dieser umging. Und wer dies Lächeln
nicht versteht, der mag sich ruhig Heller dünken, aber er soll nicht
rühren an das Heiligtum, welches das Volk sich gewahrt und ge-
hütet hat. Wer hineingehen will in den geheimnisrauschenden Wald,
in dessen Tiefe die Volksseele wohnt, wer Weg bahnen und auch
wohl in etwa roden will darin, der muß selbst einer aus dem Volke
sein, muß fühlen und denken und wollen können wie das Volk. So
einer war Herder, der diejenigen, welche der Volksseele Lügenhaftig-
keit vorwarfen, znrechtwies, indem er ihnen zeigte, wieviel Wahrheit
und echte Seele in der Legende blüht. So einer war auch Grimm,
und nur weil er mit Ehrfurcht den Alten lauschte, nur deshalb er-
zählten sie ihm ihren Glauben, den er uns gerettet hat in unsere
aufgeklärte Zeit hinein. Jetzt kann jeder, der sich versteht auf Vogel-
Sage vom Galgenmännlein! Eine der vielen, die im
Volke leben, ewig frisch und jung. Manchen gibts, der in den Sagen
nnr Märchen sieht, denen man den Glauben versagen muß, wenn man
nicht kindisch erscheinen will. Sie mögen lächeln und die erfahrenen
Leute spielen, alle diese, sie werden dann aber auch verzichten müssen,
dem Volke anzugehören und teilzunehmen an der wahrheitsvollen, ge-
mütstiefen Volksseele. Volkssage! Was das Volk sagt: Wunderbar
klingts und gar geheimnisvoll ists, und doch verdient es Glauben, wie ja
auch das Volk daran glaubt. Denn, was es sagt, beruht auf Tat-
sachen. Das Volk sucht sich Vorgänge, Erfahrungen zu deuten, und
die Deutung gilt ihm dann als Wahrheit, und es straft jeden mit
Verschlossenheit, der es wagt mit einem zweifelhaften Lächeln an
dieser Gewißheit zu rütteln. Wenn selbst der größte Gelehrte dem
alten Förster beibringen wollte, es sei der wilde Jäger nichts anderes
als der heulende Sturmwind, so wird er überlegen lächeln, denn er
weiß gerade so gut, was der Sturmwind heulen kann, aber er weiß
noch besser, in den Zwölfnächten hat er ganz deutlich die Stimme des
wilden Jägers gehört, da dieser umging. Und wer dies Lächeln
nicht versteht, der mag sich ruhig Heller dünken, aber er soll nicht
rühren an das Heiligtum, welches das Volk sich gewahrt und ge-
hütet hat. Wer hineingehen will in den geheimnisrauschenden Wald,
in dessen Tiefe die Volksseele wohnt, wer Weg bahnen und auch
wohl in etwa roden will darin, der muß selbst einer aus dem Volke
sein, muß fühlen und denken und wollen können wie das Volk. So
einer war Herder, der diejenigen, welche der Volksseele Lügenhaftig-
keit vorwarfen, znrechtwies, indem er ihnen zeigte, wieviel Wahrheit
und echte Seele in der Legende blüht. So einer war auch Grimm,
und nur weil er mit Ehrfurcht den Alten lauschte, nur deshalb er-
zählten sie ihm ihren Glauben, den er uns gerettet hat in unsere
aufgeklärte Zeit hinein. Jetzt kann jeder, der sich versteht auf Vogel-