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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0218
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— 173 —

Wahrscheinlich aber handelt es sich hierbei wieder um
ganz willkürliche, phantastische Annahmen, worauf schon
die Tatsache hinzuweisen scheint, daß für die verschiedenen
Cakra's bestimmte Farben (gelb, grün, blau, rot, weiß) an-
gegeben werden.
Candra ist nicht nurSynonymon von Idä, sondern bezeichnet
auch eine gewisse Stelle am Ende des Susumnä-Kanales,
und zwar zwischen den Augenbrauen links. Hier wird eine
Flüssigkeit abgesondert, die Soma oder Götterschnaps
(Amaravärunl) genannt wird; erzeugt wird diese durch
die Wärme, die beim Eindringen der Zungenspitze in den
Nasenrachenraum bei der Ausführung der Khecari-Praktik
hervorgebracht wird. Jene Soma-Flüssigkeit wird geradezu
als Nektar des Candra bezeichnet, der aus der Höhlung
oberhalb der uvula herabträufelt. Von diesem kostbaren
Safte, der trotz seiner Unappetitlichkeit in überschwäng-
lichen Ausdrücken gefeiert wird, darf kein Tropfen verloren
gehen, denn er ist der Lebenssaft: sein Verlust bedeutet den
Tod, und sobald er über ein gewisses Gebiet hinausgeht,
wird er von dem Verdauungsfeuer absorbiert. Dies zu ver-
hüten gebraucht der Yogin den Jälandharabandha oder die
Viparitakaram, wobei der Kopf tiefer zu liegen kommt als ,
der Nabel. Es handelt sich hier offenbar um weiter nichts
als um eine Schleimhautentzündung und die damit ver-
bundene reichlichere Absonderung von Flüssigkeit im
oberen Teile des Nasenrachenraumes, hervorgerufen durch
das Einführen der Zunge dorthin. Mit der Zeit verschwindet
der Reiz, so daß das Sekret weniger reichlich ist: der Candra
ist dann „fest" geworden. Die Speicheldrüsen helfen gewiß
noch mit; wenigstens ist nicht einzusehen, woher der Yogin
genügend Stoff bekommen sollte, um sich den Leib von der
Fußsohle bis zum Kopfe mit Soma salben zu können, wie
es H IV, 53 vorgeschrieben wird.
Granthi („Verschlingung") gibt es in der Susumnä drei; sie
sind nach den Göttern der indischen Trinität genannt und
heißen dementsprechend Brahmagranthi, Visnugranthi und
Rudragranthi. Sie hindern zwar den Atem bei seinem
Durchgang durch die Susumnä nicht, wohl aber dient ihr
 
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