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Schnaase, Carl
Geschichte der bildenden Künste (Band 8): Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert — Stuttgart, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1297#0078
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LX XVIII Carl Sclmaase's Biographie,

Schon im Herbst 1861 vereinigte uns eine Heise durch das Sil
kammergut und Steiermark nach Wien, wo wir mehrere Wochen de
Studium der unerschöpflich reichen Kunstschätze der Kaiserstadt
widmeten. Es waren wieder Tage des reinsten Genusses, wie sie auf
Erden nur selten beschieden sind. Was irgend in Wien sich mit
Kunst und Kunstgeschichte beschäftigte, Heider und Eitelberger an
der Spitze, beeiferte sich, den berühmten Meister der Wissenschaft
zu begrüssen. Die Herzenswärme, der jugendliche Enthusiasmus des
Wiener Naturells offenbarte sich in liebenswürdigster Weise. Sein
Geburtstag, der eben noch in die Zeit unseres Aufenthaltes fiel, ge-
staltete sich zu einem schönen Feste, und ich sehe noch in dem lieben
Antlitz die gerührte Ueberraschung über all' die Beweise verehrungs-
voller Liebe, auf welche der bescheidene Sinn des trefflichen Mannes
nicht vorbereitet war. Ein meisterlicher Aufsatz über die öster-
reichische Malerschule des 15. Jahrhunderts, abgedruckt in den Mitthei-
lungen der Central-Commission, war die literarische Frucht dieser Reise.

Inzwischen gestalteten sich die Gesundheitsverhältnisse Schnaase's
immer bedenklicher, und der Aufenthalt in dem rauhen Klima Berlins
erwies sich auf die Dauer immer gefahrdrohender. Ein längerer
Aufenthalt im Süden musste versucht werden, um den angegriffenen
Organismus wieder herzustellen. Im Herbst. 1864 trat Schnaase, von
seiner treuen Lebensgefährtin begleitet, die ihm auch auf Reisen
meistens zur Seite blieb, die Fahrt nach Italien an. Als er sich auf
der Durchreise einige Tage in Zürich aufhielt, sahen die Freunde
nicht ohne Besorgniss ihn scheiden. Vorher hatte er noch die Freude
erlebt, mit dem siebenten Bande seines Werkes den Schluss des
Mittelalters vollendet zu sehen. Einundzwanzig Jahre hatte die Aus-
führung dieser grossartigen Arbeit in Anspruch genommen. Unge-
beugt von mancherlei Leiden, die den Fortgang wohl hemmen, aber
den Muth des Verfassers nicht erschüttern konnten, hatte er seine
grosse Lebensaufgabe in einer Weise gelöst, dass selbst das schärfste
Auge keine Spuren von Ermattung oder Unsicherheit zu bemerken
vermochte. Wohl durfte er sich nun einige Ruhe gönnen. Er wandte
sich zuerst nach Mentone, dann zu längerem Aufenthalte nach Bom>
wo er zwei Winter hindurch bei aller Vorsicht doch am künstlerischen
 
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