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Schnaase, Carl
Geschichte der bildenden Künste (Band 8): Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert — Stuttgart, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1297#0302
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216 Die niederländische Malerei am Schlüsse des fünfzehnten Jahrhundert«

Pilger unterstützte, gemalt und enthielt die lebensgrossen Gestalte
der Apostelfürsten und darunter eine „sehr artige" Landschaft mit
Pilgern. Das andere war nur in einer Copie erhalten; es zeigte die
Erweckung des Lazarus und zwar in einem sehr wohl ausgeführten
Tempel, zwischen dessen Säulen man viele Gestalten sah. Das Bill
muss miniaturartig reich ausgeführt gewesen sein, da nach einer
unserm Berichterstatter mitgetheilten Anekdote Hemskerck vor dem-
selben geäussert haben soll, er wisse nicht, was der Mann gegessen
habe, da solcher Fleiss unmöglich bezahlt worden wäre. Selbst diese
Bilder existiren nicht mehr, und kein anderes bezeichnetes oder be-
glaubigtes Bild dieses Meisters ist entdeckt. [Vgl. den Anonimo des
Morelli, Bassano MDCCC. p. 76.] Glücklicher sind wir bei Geertgen.
Zwar fand van Mander von ihm, der überdies bei seiner kurzen
Lebenszeit nur wenige Bilder hinterlassen habe, nur noch den Flügel
eines zerstörten Altarwerkes der Johanniterkirche vor und zwar schon
damals die beiden bemalten Seiten auseinandergesägt, aber seine Be-
schreibung lässt keinen Zweifel übrig, dass diese Bilder mit zwei im
Belvedere zu Wien befindlichen (Nr. 58 u. 60) identisch sind. Das
eine derselben enthält die Kreuzabnahme, das andere eine, den
Johanniterorden besonders interessirende Legende, nämlich die Schick-
sale der Gebeine des Täufers. Im Vorgrunde sieht man den Kaiser
Julianus Apostata, der in seinem Christenhasse das Ausgraben und
Zerstreuen dieser Gebeine geboten hatte, zugleich aber auch die
Mönche, welche dies Heiligthum retteten; im landschaftlichen Hinter-
gründe alsdann durch Felsen oder andere landschaftliche Gegenstände
getrennt die übrigen Momente der Legende, beginnend mit der Be-
stattung in Gegenwart Christi, bis dahin, wo Johanniter die Reliquien
ihres Patrons in Empfang nehmen. Der Ton der Bilder ist ein bräun-
licher, die Farbe kräftig und ernst, aber sehr harmonisch, die Köpfe
sind individuell, Ausdruck und Bewegungen mannigfaltig, von Gefühl
und selbständiger Beobachtung zeugend, die Figuren, wenn auch nicht
übermässig eckig und gestreckt, doch mager und von herber, strenger
Form, die Landschaft aber (besonders auf dem zweiten Bilde) mit
grossem Geschicke und Behagen ausgeführt, so dass die Eigenthüm-
lichkeit dieser Tafeln der chronologischen Bestimmung van Mander's
und der Beschreibung, die er von Albrecht von Ouwater, dem Meister
des Geertgen giebt, sehr wohl entspricht. [Bei Friedr. Lippmann in
Wien eine Tafel aus der Geschichte der hl. Lucia, die ebenfalls von
Geertgen zu sein scheint]1).

') Vgl. über diese. Bilder und ihre Geschichte Passavant im Kunstblatt 1841
 
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