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Schnaase, Carl
Geschichte der bildenden Künste (Band 8): Geschichte der bildenden Künste im 15. Jahrhundert — Stuttgart, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1297#0430
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oaa Französische Malerei des 15. Jahrhunderts.

nicht folgen, sondern verlangte einen andern Uebergang aus de
Mittelalter in die neue Zeit. Auch die Franzosen empfanden i
Streben nach Natur und Individualität, aber sie besassen nicht fl?
Wärme für die allgemeine objective Natur, nicht die Freude an al
unmittelbaren Erscheinung. Sie hatten mehr Verstand als Gefühl
waren mehr politisch und strebsam, als bürgerlich sich bescheidend'
Ihr Ziel war die heroische Persönlichkeit und eine über das Gewöb
liehe hinaus gesteigerte, reinere und höhere Natur. Dies Ziel war
dann aber künstlerisch nicht so leicht zu erreichen; der Himmel
Frankreichs war nicht so günstig wie der von Italien, gab nicht so
schöne Vorbilder; das nordische Klima hatte künstlichere Bedurfnisse
die Geschichte des Volkes conventionelle Sitten erzeugt, welche der
heroischen Erscheinung widersprachen. Daraus ergab sich denn für
die Kunst ein unerfreuliches Schwanken; sie begnügte sich nicht mit
dem, was die Natur ihres Landes gestattete, verhielt sich der ver-
wandten flandrischen Kunst gegenüber kritisch, vermochte aber doch
nicht, sich einen idealen Styl zu schaffen. Dieser Gegensatz gegen
die flandrische Schule war dann die Ursache, dass die französischen
Maler sich die Technik der Oelmalerei nicht vollkommen aneigneten
und dass das kunstliebende Publikum sich anderen Gattungen zu-
wendete. Die kirchlichen Bedürfnisse wurden theils durch Wand-
gemälde, in- denen sich dann der ältere Styl noch länger erhielt,
theils durch Glasmalerei oder Teppiche, also durch Gattungen be-
friedigt, welche eigenthümliche technische Schwierigkeiten zu über-
winden haben, und daher mehr durch Kostbarkeit und Glanz, als
durch künstlerische Vollendung imponiren. Neben ihnen erhielt sich
dann noch immer die Miniaturmalerei als die beliebteste und erfolg-
reichste Gattung, welche den Kunstfreunden die erwünschte Anregung
der Phantasie, den Künstlern aber die Möglichkeit gewährte, den
idealen Ansprüchen, für welche ihnen die Mittel grösserer Darstel-
lung fehlten, in kleiner Dimension nachzustreben und dadurch sich
selbst über dieselben aufzuklären. Daher denn die Erscheinung,
dass überall, wo es gilt, die berühmtesten Maler Frankreichs aufzu-
zählen, Foucquet und Poyet, die Miniaturisten, vorangestellt werden,
dass auch die nach ihnen beliebtesten Meister, Jean Perreal und
Francois Clouet, miniaturartige Historien oder Porträts nicht ver-
schmäheten. Wir dürfen daher annehmen, dass wir in den oben ge-
schilderten Miniaturwerken Foucquet's und Anderer die höchsten
Leistungen französischer Malerei des 15. und vom Anfange d»
16. Jahrhunderts besitzen und erkennen in ihnen die Ursachen, wdffl
die späteren Schicksale der französischen Kunst bestimmten. Es *!>
 
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