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Schöne, Wolfgang; Rubens, Peter Paul
Die Geissblattlaube: Doppelbildnis d. Künstlers mit Isabella Brant — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 11: Stuttgart: Reclam, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.56148#0045
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ZWEI BRIEFE VON RUBENS
(Übersetzungen, die Originale in italienischer Sprache)

An den Arzt Johannes Faber in Rom, 1609
Antwerpen, 10. April 1609
Hochwohlgeborener und vortrefflichster Herr,
Ihre Liebenswürdigkeit verdiente eine regelmäßigere
Korrespondenz von unserer Seite, und ich weiß nicht,
wie ich eine solche Langsamkeit entschuldigen sollte,
wenn nicht die Wahrheit für sich selbst spräche. Die
Heirat meines Bruders1 hat uns so viel zu tun gegeben,
daß wir an nichts anderes, als wie man den Damen zu
dienen hätte, denken konnten, und zwar er als Bräuti-
gam, ich als Leiter der Festlichkeiten. Wenn Sie nicht
glauben wollen, daß die Sache so viele Umstände macht,
so machen Sie doch, wie Ihnen Ihr Freund Martellan rät,
selbst den Versuch, und ich versichere Ihnen, daß Sie
dann unsere Entschuldigungen als stichhaltig annehmen
werden. Kurzum, mein Bruder ist von Venus, Juno und
allen Göttern gesegnet worden: eine schöne, gebildete,
graziöse, reiche Liebste, die eine angesehene Verwandt-
schaft hat und allein imstande ist, die ganze sechste Satire
Juvenals zuschanden zu machen2, ist ihm vom Schicksal
zugeteilt worden. Es war ein glücklicher Augenblick, als
er sich entschloß, die Tunica abzulegen und sich Cupidos
Kult zu weihen. Ich werde mich nicht beeilen, es ihm
nachzumachen, denn er hat eine so gute Wahl getroffen,
daß sie unnachahmlich ist, und daß es mir nicht an-
genehm wäre, wenn er meine junge Frau, sie mit der
seinen vergleichend, als ein häßliches Ding ansähe. Die
1 Philipp Rubens (1574—1611) hatte am 26. März 1609 Maria de
Moy geheiratet, deren Nichte Isabella Brant im Herbst des gleichen
Jahres die Frau des Briefschreibers werden sollte. Vergl. S. 4.
2 Die sechste Satire Juvenals handelt von der geringen Eignung des
weiblichen Geschlechts für die Ehe.
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