FORM-PROBLEME DER PLASTIK
Die künstlerischen Gesetze der Bildnerei sind zum ersten
Male durch Adolf Hildebrand präzisiert worden. Reich durch
die Erfahrungen eigenen Schaffens und mit den Erkenntnissen
der modernen Psychologie vertraut, erkannte er „das Problem
der Form“ und fand auch theoretisch seine Lösung. In knappen
Worten legt er die formalen Bedingungen klar, durch die ein
Werk der darstellenden Künste zum Kunstwerk wird. Sie
gipfeln in der Forderung nach jener Klarheit der Erscheinung,
die für das Auge der Zufälligkeit der Natur gegenüber Gesetz-
mäßigkeit bedeutet. Als erstes fordert er die Klarlegung der
Form als Rauminhalt. Jeder Gegenstand soll durch seine
Erscheinung eine überzeugende Vorstellung von seiner Körper-
lichkeit und seinem Verhältnis zur Umgebung wachrufen. Das
gilt für den einzelnen Gegenstand so gut wie für die figuren-
reiche Komposition, für Rundplastik und Relief, aber auch für
das Bild, die Zeichnung.
Die zweite Forderung betrifft die Verdeutlichung der
„Funktion“, das heißt aller dem Objekt innewohnenden Bedin-
gungen, die auf die Form desselben von Einfluß sind. Jede
Form weckt die Erinnerung an eine Tätigkeit. Deshalb em-
pfinden wir jede Form unmittelbar als Wirkung einer Ursache.
So umschließt der Begriff Funktion bei Hildebrand die Dar-
stellung des Motivs („des Vorgangs oder der Handlung“) und
die stoffliche Charakterisierung.
Photographisch treue, aber gedankenlose Nachahmung ver-
mag es nicht, diesen Forderungen gerecht zu werden. Die
entscheidende Aufgabe für den Künstler besteht vielmehr darin,
für die Klarlegung der Raumform und für die Verdeutlich-
ung der Funktion die bezeichnendsten Ausdrucksformen zu
finden. Je objektiver, je typischer diese Merkmale sind, um so
mehr Wert besitzen sie. Je geringer die Abhängigkeit vom
3
i*
Die künstlerischen Gesetze der Bildnerei sind zum ersten
Male durch Adolf Hildebrand präzisiert worden. Reich durch
die Erfahrungen eigenen Schaffens und mit den Erkenntnissen
der modernen Psychologie vertraut, erkannte er „das Problem
der Form“ und fand auch theoretisch seine Lösung. In knappen
Worten legt er die formalen Bedingungen klar, durch die ein
Werk der darstellenden Künste zum Kunstwerk wird. Sie
gipfeln in der Forderung nach jener Klarheit der Erscheinung,
die für das Auge der Zufälligkeit der Natur gegenüber Gesetz-
mäßigkeit bedeutet. Als erstes fordert er die Klarlegung der
Form als Rauminhalt. Jeder Gegenstand soll durch seine
Erscheinung eine überzeugende Vorstellung von seiner Körper-
lichkeit und seinem Verhältnis zur Umgebung wachrufen. Das
gilt für den einzelnen Gegenstand so gut wie für die figuren-
reiche Komposition, für Rundplastik und Relief, aber auch für
das Bild, die Zeichnung.
Die zweite Forderung betrifft die Verdeutlichung der
„Funktion“, das heißt aller dem Objekt innewohnenden Bedin-
gungen, die auf die Form desselben von Einfluß sind. Jede
Form weckt die Erinnerung an eine Tätigkeit. Deshalb em-
pfinden wir jede Form unmittelbar als Wirkung einer Ursache.
So umschließt der Begriff Funktion bei Hildebrand die Dar-
stellung des Motivs („des Vorgangs oder der Handlung“) und
die stoffliche Charakterisierung.
Photographisch treue, aber gedankenlose Nachahmung ver-
mag es nicht, diesen Forderungen gerecht zu werden. Die
entscheidende Aufgabe für den Künstler besteht vielmehr darin,
für die Klarlegung der Raumform und für die Verdeutlich-
ung der Funktion die bezeichnendsten Ausdrucksformen zu
finden. Je objektiver, je typischer diese Merkmale sind, um so
mehr Wert besitzen sie. Je geringer die Abhängigkeit vom
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