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Schottmüller, Frida; Donatello [Ill.]
Donatello: ein Beitrag zum Verständnis seiner künstlerischen Tat — München: Bruckmann, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.61296#0032
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DONATELLOS WERK
DAS RELIEF — DIE DARSTELLUNG DES RAUMES
Die Renaissance übernahm von der Antike zwei Arten der
Reliefdarstellung, die nebeneinander in der römischen Kunst
bestanden hatten. Die eine klassische — griechischen Ursprungs
— gilt heute als Maßstab für strengen Reliefstil. Sie beschränkt
sich fast ausschließlich auf Figurendarstellung, gibt der Seh-
barkeit zuliebe möglichst unverkürzte, einfache Ansichten und
hält durch die Wahrung der vorderen, unsichtbaren Grundfläche
die Erinnerung an den Werdeprozeß aus dem Stein heraus wach.1)
Die zweite Art, die erst in hellenistischer und römischer
Zeit ihre Ausbildung fand, wird am besten als malerisches Relief
bezeichnet. Sie greift in Problemen und Mitteln in das Gebiet
der zeichnenden Künste hinüber und gewährt landschaftlichen
und architektonischen Motiven bedeutenden Raum in der Dar-
stellung. Bis zu den letzten Möglichkeiten dieser malerischen
Inscenierung — durch die konsequente Anwendung der Linear-
Perspektive — war weder das Altertum noch das Mittelalter
gekommen. Dazu gelangte erst die Renaissance.
Es kann nicht übersehen werden, daß die Grenzen des
Reliefstils hierdurch noch mehr als schon im Altertum über-
schritten wurden. Freilich, wenn Figuren, Landschafts- und
Architekturmotive in gleicher Weise in flache Schichten ge-
gliedert sind — wie z. B. in Donatellos Antonius-Reliefs in
Padua2) — kann man von einem Durchbrechen des Relief-
gesetzes kaum sprechen. Wohl aber bei frühen Arbeiten des
Meisters — z. B. bei der Herodias-Tafel in Siena und noch
T) Vergl. Hildebrand a. a. O.: Die Relief-Auffassung.
2) Es sei auch an einen Modernen — Constantin Meunier — erinnert,
der — z. B. in den heimkehrenden Bergleuten — Landschafts-Darstellung
und klassischen Reliefstil eint.

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