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Schug, Bert [Oth.]; Courbet, Gustave [Ill.]
Gustave Courbet - Das Atelier — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 73: Stuttgart: Reclam, 1962

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Das Werk
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https://doi.org/10.11588/diglit.62830#0016
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So schließt sich auf der rechten Bildseite die Gruppe
der Freunde zu einer geschlossenen Gemeinschaft ernst
dreinblickender Männer zusammen, deren jeder, auch
ohne direkt das Bild anzusehen, als konzentriert denkend
an dem Schaffensprozeß teilhabend charakterisiert und
damit deutlich gegen die übrigen Gestalten der rechten
Bildseite unterschieden erscheint. Das repräsentative
Paar, das uns von rechts her in das Bild eingeführt hat,
gibt sich als den gehobenen Ständen zugehörig zu er-
kennen, als Atelierbesucher, die nur einmal in die Werk-
statt des Malers hineinschauen, vielleicht sogar als
Kenner oder als fakultative Käufer von Gemälden {Um-
schlagbild'). Dafür spricht auch das am Boden kauernde
Kind, das an einer Zeichnung herumkritzelt und somit
inhaltlich als Kontrastfigur und Pendant auf der anderen
Seite zu dem kleinen Knaben an der Staffelei zu ver-
stehen ist.
Die Lücke zwischen dem „mondänen Paar“ und der
Gruppe der Freunde gibt den Blick frei auf das Liebes-
paar am Fenster, das zwar auch zu dem Kreis der Ate-
lierbesucher gehört, aber für den Augenblick aus der
Konzentration auf das Bild ausgeschieden ist. Dieser
Situation entspricht sein Platz an dem Fenster, dessen
perlmuttern schimmernde Helle in dem changierenden
Gewand des Mädchens seine erste Antwort erhält. So
wird die Lücke zwischen den beiden dunkelgewandeten
Gruppen gleichzeitig zu einer Öffnung für das einfal-
lende Licht, das bis zu der Staffelei hinreicht, das Modell
und den Maler beleuchtet und in dem Landschaftsge-
mälde eine Antwort aus einem ganz anderen Bereich
findet. Die Zone hinter der Staffelei dagegen wird von
diesem Licht nicht mehr betroffen. Dadurch wird der
Eindruck des schlafwandlerischen Daseins der hier ver-
sammelten Personen noch gesteigert.
Bezeichnenderweise ist auch Baudelaire, der damals
häufig im Atelier Courbets weilte, aus diesem Lieht aus-
gesondert und ganz rechts an den Bildrand gerückt. Die
Reflexe auf seinem bleichen Gesicht scheinen von dem
Buch auszugehen, das er in den Händen hält {Abb. 15).
Er ist zwar unter die Figuren der rechten Bildhälfte auf-

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