gors des Grossen, die möglicherweise durch den Namen des damals re-
gierenden Papstes - Gregor V. - angeregt wurde. Dass der heilige Petrus
bartlos erscheint, ist ebenfalls ungewöhnlich, wenn auch nicht beispiellos
in dieser Zeit. Vielleicht liegt sie in einer persönlichen Vorliebe des Meis-
ters, dessen Figuren - abgesehen vom Herrscher mit Kurzbart - alle
bartlos sind, die Maskenköpfe ausgenommen. Die hypothetische Identifi-
kation der Abtfigur als heiliger Benedikt entbehrt im Übrigen, wie schon
ausgeführt wurde, jeder Grundlage.
Die auch historisch auswertbaren Anhaltspunkte der Ikonographie liegen
in der Darstellung des Verhältnisses zwischen dem heiligen Petrus, dem
Papst und dem Herrscher, im Herrschertypus, in der Anknüpfung an Karl
den Grossen und Aachen durch die oktogonale Form und in der Figur des
Papstes im Typus Gregors des Grossen.
4. Stilistische Einordnung
a. Bisherige Hypothesen zur stilistischen Einordnung der Situla
Je jünger die Forschung, desto mehr lenkt sie ihren Blick auf stilistische
Fragen und umso weniger geht sie auf ikonographische Gesichtspunkte
und den geistigen Hintergrund der Entstehungszeit der Situla ein. In der
Mitte des 19. Jahrhundert waren die stilistischen Kriterien zur Einordnung
eines Kunstgegenstandes noch ausserordentlich spärlich. Die damaligen
Einordnungen der Situla differieren um mehrere Jahrhunderte vom 9.
„carlovingierf111 bis ins 12. Jahrhundert.273 Bock vermutete die Aachener
Situla im Parallelschluss zur Mailänder Gotfredus-Situla als „auf italieni-
schem Boden gefertigt".274 Als erster ernstzunehmender Beobachter sti-
listischer Gesichtspunkte betrachtete Jean-Jacques Marquet de Vasselot
die Situla als aus der gleichen Werkstatt oder Werkstatttradition hervor-
gegangen wie das Elfenbeinkästchen im Quedlinburger Schatz und die
Teile seines Pendants in München und Berlin (Abb. 29, 54).275Allerdings
hält er sie für qualitätsvoller und etwas jünger.
Goldschmidt nennt die Situla „rheinisch im weiteren Sinne", macht aber
auf Parallelen in Haarbildung (gekräuselte Stirnlocken) und Architektur-
darstellung (Kapitelle mit Löwenköpfen) im Egbert-Psalter („Reichenau"
977-980) aufmerksam.276 Trotzdem betrachtet er die Kaiserkrönung
Heinrichs IL 1014 als einen Terminus post quem. Die Situla weist zwar
tatsächlich stilistische Verbindungen zu diesem Werk der Trier-Reichen-
auer Buchmalerei auf; wenn ihre früheste Datierung jedoch 1014 sein
soll, ergibt sich eine deutliche zeitliche Diskrepanz. Innerhalb seiner „El-
fenbeinskulpturen" bildet Goldschmidt die Situla in unmittelbarer Nähe zu
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gierenden Papstes - Gregor V. - angeregt wurde. Dass der heilige Petrus
bartlos erscheint, ist ebenfalls ungewöhnlich, wenn auch nicht beispiellos
in dieser Zeit. Vielleicht liegt sie in einer persönlichen Vorliebe des Meis-
ters, dessen Figuren - abgesehen vom Herrscher mit Kurzbart - alle
bartlos sind, die Maskenköpfe ausgenommen. Die hypothetische Identifi-
kation der Abtfigur als heiliger Benedikt entbehrt im Übrigen, wie schon
ausgeführt wurde, jeder Grundlage.
Die auch historisch auswertbaren Anhaltspunkte der Ikonographie liegen
in der Darstellung des Verhältnisses zwischen dem heiligen Petrus, dem
Papst und dem Herrscher, im Herrschertypus, in der Anknüpfung an Karl
den Grossen und Aachen durch die oktogonale Form und in der Figur des
Papstes im Typus Gregors des Grossen.
4. Stilistische Einordnung
a. Bisherige Hypothesen zur stilistischen Einordnung der Situla
Je jünger die Forschung, desto mehr lenkt sie ihren Blick auf stilistische
Fragen und umso weniger geht sie auf ikonographische Gesichtspunkte
und den geistigen Hintergrund der Entstehungszeit der Situla ein. In der
Mitte des 19. Jahrhundert waren die stilistischen Kriterien zur Einordnung
eines Kunstgegenstandes noch ausserordentlich spärlich. Die damaligen
Einordnungen der Situla differieren um mehrere Jahrhunderte vom 9.
„carlovingierf111 bis ins 12. Jahrhundert.273 Bock vermutete die Aachener
Situla im Parallelschluss zur Mailänder Gotfredus-Situla als „auf italieni-
schem Boden gefertigt".274 Als erster ernstzunehmender Beobachter sti-
listischer Gesichtspunkte betrachtete Jean-Jacques Marquet de Vasselot
die Situla als aus der gleichen Werkstatt oder Werkstatttradition hervor-
gegangen wie das Elfenbeinkästchen im Quedlinburger Schatz und die
Teile seines Pendants in München und Berlin (Abb. 29, 54).275Allerdings
hält er sie für qualitätsvoller und etwas jünger.
Goldschmidt nennt die Situla „rheinisch im weiteren Sinne", macht aber
auf Parallelen in Haarbildung (gekräuselte Stirnlocken) und Architektur-
darstellung (Kapitelle mit Löwenköpfen) im Egbert-Psalter („Reichenau"
977-980) aufmerksam.276 Trotzdem betrachtet er die Kaiserkrönung
Heinrichs IL 1014 als einen Terminus post quem. Die Situla weist zwar
tatsächlich stilistische Verbindungen zu diesem Werk der Trier-Reichen-
auer Buchmalerei auf; wenn ihre früheste Datierung jedoch 1014 sein
soll, ergibt sich eine deutliche zeitliche Diskrepanz. Innerhalb seiner „El-
fenbeinskulpturen" bildet Goldschmidt die Situla in unmittelbarer Nähe zu
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