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III. Das Reichskamnrergericht.
partei zu derart genauer Erklärung veranlassen könnte. Verneint der
Beklagte nur ganz allgemein die Klage, zugleich seine etwaigen Einreden
vorbringend, oder schweigt er im übrigen ganz, in jedem Falle wird
doch nur sogenannte negative Litiscontestation angenommen und den Kläger
trisft rncksichtlich jeder einzelnen Behauptung die Beweislast. Zur Führung
des Beweises aber ist cs der Partei nun ausdrücklich gestattet (§ 49) „wenn
die Nothdurfft und der Sachen Eigenschafft des Gegentheils klare Ant-
wort zu haben erfordert, etliche kurze Ui'olmtoi'ial-^i'tioul ohne Ueberfluß
oder Weitläufftigkeit, aus der Substnnz des Klag-IiiidoII« oder respective
Exeption-Schrifft zu ziehen und vor der Benennung der Commissariorum
zu übergeben, auch des Gegentheils Antwort darüber zu begehren". —
Wenn der so Befragte „nicht «inA'nIuritos 8ing'nli8" (mit dem üblichen
wahr oder glnub war, bzw. nicht wahr) „pnro ot 8iiii>,Iiritor lauter und
richtig" antwortet, so sollen die betreffenden „Articul für Gerichtlich ge-
standen, auch die rs8pon8ion68 pro xnri8 angenommen, und der ander
Theil zu keinem fernern Beweiß gehalten seyn".
Die hiernach herbeigeführte Aenderung des Verfahrens besteht also
dnrin, daß das Artikelverfahren nunmehr enger in Beziehung zur Beweis-
führung gesetzt wird und nicht mehr zur Specinlisirung dcr Klage und
Einrede Behauptungen schon bei deren Vorbringung zulässig sein soll.
An dem Princip der romanisch-canonischen Doctrin aber, daß näm-
lich nur der articulirten, speciellen Frage gegenüber die Gegenpartei zur
Antwort verpflichtet iverden könne, daß nur unter dieser Voraussetznng die
P06UU 60ut688i sick) rechtfertigen lasse, an diesem Dogma rüttelt der
jüngste Reichsabschied keineSwegs, und ebenso bleibt es dabei, dnß der Zwang
auf den Befragten nur geübt iverden könne „vermittels des Eyds ckuucloi'um
L i'68pouck6uckoruui" (Z 41). Man hatte die i>06iiu pi'U6olii8i (Ausschluß
von Einreden u. s. w.P — allein die p06iiu 60iit688i des sächsischen Rechts
als unbedingte Rechtsfolge der verweigerten speciellen Einlassung auf die
gegnerische (formlos und ohne Eid) gegebene Sachdarstellung, diescr
Proceßnachtheil wurde nicht eingesührt. Und ebensowenig die auf dem-
selben Gedanken fußende Annahme des Zugeständnisses der Klagethatsachen
bei ungehorsamem Ausbleiben des Beklagten, die sog. singirte affirmative
Litiscontestation: Die Klagethatsachen galten als verneint, der Kläger
hatte stets in einseitigem Versahren mit Veweisführung den Proceß zu
Ende zu sühren, denn die alte Acht und der Einsatz wurden nunmehr ab-
geschafft (Z 36).
Der Mangel eines durchgreifenden Contumacialprincips ist für den
reichskammergerichtlichen Proceß verhängnißvoll geblieben, er steckte der
Entwickelung eines gesunden, kraftvollen Gerichtsverfahrens die Grenzen
zu eng. Zu der Energie, die in dieser Beziehung den sächsischen Proceß
kcnnzcichnet, hat dic Gesetzgcbung des alten deutschen Reiches sich niemals
III. Das Reichskamnrergericht.
partei zu derart genauer Erklärung veranlassen könnte. Verneint der
Beklagte nur ganz allgemein die Klage, zugleich seine etwaigen Einreden
vorbringend, oder schweigt er im übrigen ganz, in jedem Falle wird
doch nur sogenannte negative Litiscontestation angenommen und den Kläger
trisft rncksichtlich jeder einzelnen Behauptung die Beweislast. Zur Führung
des Beweises aber ist cs der Partei nun ausdrücklich gestattet (§ 49) „wenn
die Nothdurfft und der Sachen Eigenschafft des Gegentheils klare Ant-
wort zu haben erfordert, etliche kurze Ui'olmtoi'ial-^i'tioul ohne Ueberfluß
oder Weitläufftigkeit, aus der Substnnz des Klag-IiiidoII« oder respective
Exeption-Schrifft zu ziehen und vor der Benennung der Commissariorum
zu übergeben, auch des Gegentheils Antwort darüber zu begehren". —
Wenn der so Befragte „nicht «inA'nIuritos 8ing'nli8" (mit dem üblichen
wahr oder glnub war, bzw. nicht wahr) „pnro ot 8iiii>,Iiritor lauter und
richtig" antwortet, so sollen die betreffenden „Articul für Gerichtlich ge-
standen, auch die rs8pon8ion68 pro xnri8 angenommen, und der ander
Theil zu keinem fernern Beweiß gehalten seyn".
Die hiernach herbeigeführte Aenderung des Verfahrens besteht also
dnrin, daß das Artikelverfahren nunmehr enger in Beziehung zur Beweis-
führung gesetzt wird und nicht mehr zur Specinlisirung dcr Klage und
Einrede Behauptungen schon bei deren Vorbringung zulässig sein soll.
An dem Princip der romanisch-canonischen Doctrin aber, daß näm-
lich nur der articulirten, speciellen Frage gegenüber die Gegenpartei zur
Antwort verpflichtet iverden könne, daß nur unter dieser Voraussetznng die
P06UU 60ut688i sick) rechtfertigen lasse, an diesem Dogma rüttelt der
jüngste Reichsabschied keineSwegs, und ebenso bleibt es dabei, dnß der Zwang
auf den Befragten nur geübt iverden könne „vermittels des Eyds ckuucloi'um
L i'68pouck6uckoruui" (Z 41). Man hatte die i>06iiu pi'U6olii8i (Ausschluß
von Einreden u. s. w.P — allein die p06iiu 60iit688i des sächsischen Rechts
als unbedingte Rechtsfolge der verweigerten speciellen Einlassung auf die
gegnerische (formlos und ohne Eid) gegebene Sachdarstellung, diescr
Proceßnachtheil wurde nicht eingesührt. Und ebensowenig die auf dem-
selben Gedanken fußende Annahme des Zugeständnisses der Klagethatsachen
bei ungehorsamem Ausbleiben des Beklagten, die sog. singirte affirmative
Litiscontestation: Die Klagethatsachen galten als verneint, der Kläger
hatte stets in einseitigem Versahren mit Veweisführung den Proceß zu
Ende zu sühren, denn die alte Acht und der Einsatz wurden nunmehr ab-
geschafft (Z 36).
Der Mangel eines durchgreifenden Contumacialprincips ist für den
reichskammergerichtlichen Proceß verhängnißvoll geblieben, er steckte der
Entwickelung eines gesunden, kraftvollen Gerichtsverfahrens die Grenzen
zu eng. Zu der Energie, die in dieser Beziehung den sächsischen Proceß
kcnnzcichnet, hat dic Gesetzgcbung des alten deutschen Reiches sich niemals