Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ERSTER ABSCHNITT ■ JOHANN GEORG I

erwiesen den Krieg gegen die Protestanten Niederdeutschlands weiterzuführen,-
im April 1625 nahm der Kaiser das Anerbieten an und gewann damit zum ersten
mal ein eignes Heer und unabhängige Macht. Als im August 1623 die pfälzer
Kur dem Herzog von Baiern zugefallen war, hatte gleichzeitig der niedersächsische
Kreistag beschlossen, sich mit Hilfe Dänemarks, dessen König Christian IV,
ein Verwandter des abgesetzten pfälzer Kurfürsten, als Herzog von Holstein sein
Kreisoberst war, vor Angriffen zu schützen, und war durch die ligistischen
Truppen unter Tilly, die im Gebiete der Weser einquartirt worden waren, im
Frühjahr 1624 zur Eröffnung der Feindseligkeiten genötigt worden. Zu einem
Eingreifen Schwedens kam es noch nicht, da Gustav Adolf für einen solchen Fall
die Führung für sich beanspruchte, während Christian IV sie nicht aus der Hand
geben wollte. Nachdem Wallenstein mit seinen Truppen Tilly zu Hilfe gekommen
war, erlitt Christian, unter dessen Befehl Mansfeld, Christian von Halberstadt
und Herzog Ernst von Weimar standen, am 27 August 1626 bei Lutter am
Barenberge <im Braunschweigischen) eine Niederlage, in deren Folge er den
größten Teil seiner Besitzungen im niedersächsischen Kreise verlor. Doch kämpfte
er fort. Wallenstein, der zum Herzog von Friedland <im nordöstlichen Böhmen)
erhoben worden war und seit dem April 1628 den Titel eines Generalobersten
Feldhauptmanns führte, mit den Feldmarschällen Arnim, Schlidc,Wolfgang von
Mansfeld und Collalto unter seinen Befehlen, hatte von dem Mansfelder gelernt,
wie der Krieg den Krieg ernähren müsse, übertraf darin aber noch seinen Meister:
ohne Rücksicht auf Freund oder Feind verlegte er seine Heere dorthin wo sie
das besteUnterkommen fanden,- ganz Deutschland wurde damit zu einem Pro viant-
magazin für die Heere des Kaisers, die mittlerweile auf fast 100000 Mann an^
gewachsen waren. Wurde dadurch auch das kaiserliche Ansehen über alle Ver-
gleichung erhöht, so ging doch Wallensteins Absicht unverkennbar dahin, daß sein
Oberherr in ganz Deutschland keinen Menschen mehr zu fürchten haben sollte als
den einzigen, dem er diese Allmacht verdankte. Dafür wollte er aber auch, daß der
Kaiser ebenso Herr in Deutschland werde, wie die Könige in Spanien und Franko
reich. Nachdem er durch Schlesien und Brandenburg nach Norden vorgedrungen,
ließ er durch den Grafen Schlick das dänische Schleswig besetzen, während er selbst
in dem mecklenburgischen Güstrow Residenz nahm anstelle der beiden vertriebnen
Herzöge des Landes, deren landesherrliche Würde, Jurisdiktion und Regalien er
sich hatte übertragen lassen, deren Einkünfte aber nach Abzug eines Gnaden-
geschenks von 700000 Gulden an ihn, als Pfand fürseine Kriegskosten dienen sollten.
Die Erteilung des Titels eines Generals des baltischen und ozeanischen
Meeres für eine erst noch zu bildende Flotte sollte dem Bestreben des Kaisers

429
 
Annotationen