Keramik. Technisch-Historisches.
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das Wiederhervortreten ältester Motive der Formgebung und der
Dekoration, z. B. der an einandergereihten archaischen Thier-
friese, nachdem sie längst abgethan waren, nur etwas moderni-
sirt, in Form von Jagden, Amazonen- und Kentaurenkämpfen etc.
Dazu der mystisch unverständlich asiatische Todtenkult, ausge-
führt von drapirten und kostümirten Histrionen, — alles an die-
sen Vasen stimmt sinnlich zugleich und düster. Auch für diesen
plastisch malerischen süditalischen Stil liesse sich das Analogon
in der Baukunst finden.
Eine wichtige Abzweigung der antiken Töpferei wäre noch
zu berücksichtigen, nämlich die Terrakotten, angewandt auf Archi-
tektur und als Theil der Bildnerei. Aber wir betrachten sie nicht
als in dieses Hauptstück gehörend, vielmehr rechnen wir sie theils
in das Gebiet der Bekleidungstechnik, theils und hauptsächlich in
das der im zweiten Theile zu behandelnden Baukunst.
§. 122.
Mittelalter und Neuzeit. — 1) Mürbe Tüpferwaare mit Bleiglasur (Poterie
tendre vernissee nach Brongniart).
Die Keramik hat niemals wieder die Bedeutung gewonnen,
die sie, für sich betrachtet, sowie in ihren Beziehungen zur Bau-
kunst und zu den Künsten überhaupt, im Alterthum besass.
Bei den Alten war es nach der Textrin die Keramik, die am
meisten zu der Befestigung und Bereicherung der Kunstformen-
sprache mitwirkte, indem letztere sich zum Theil nach der Ana-
logie des in der Keramik Gültigen modelte. Niemand verkennt
den Einfluss der Töpferscheibe auf die Entwicklung des dorischen
Echinus, 1 dessen Geschichte in der That mit der der korinthischen
Hydria parallel läuft. So auch lässt sich der Einfluss der Plastik
auf das Entstehen des korinthischen Kapitäls erkennen, sowie das
Gesetz des Gliederns und Verbindens der Theile durch trennende
und verknüpfende Symbole, wie es in der Säulenordonnanz gültig
ist, in dem Gesetze der Gliederung einer Vase enthalten ist.
Unzweifelhaft ist endlich der innigste Bezug zwischen Polychromie
1 Wir heben ihn nur heraus, weil er so eigentlich der Inbegriff des Gan-
zen ist: die Säule überhaupt ist keramisch gedacht.
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das Wiederhervortreten ältester Motive der Formgebung und der
Dekoration, z. B. der an einandergereihten archaischen Thier-
friese, nachdem sie längst abgethan waren, nur etwas moderni-
sirt, in Form von Jagden, Amazonen- und Kentaurenkämpfen etc.
Dazu der mystisch unverständlich asiatische Todtenkult, ausge-
führt von drapirten und kostümirten Histrionen, — alles an die-
sen Vasen stimmt sinnlich zugleich und düster. Auch für diesen
plastisch malerischen süditalischen Stil liesse sich das Analogon
in der Baukunst finden.
Eine wichtige Abzweigung der antiken Töpferei wäre noch
zu berücksichtigen, nämlich die Terrakotten, angewandt auf Archi-
tektur und als Theil der Bildnerei. Aber wir betrachten sie nicht
als in dieses Hauptstück gehörend, vielmehr rechnen wir sie theils
in das Gebiet der Bekleidungstechnik, theils und hauptsächlich in
das der im zweiten Theile zu behandelnden Baukunst.
§. 122.
Mittelalter und Neuzeit. — 1) Mürbe Tüpferwaare mit Bleiglasur (Poterie
tendre vernissee nach Brongniart).
Die Keramik hat niemals wieder die Bedeutung gewonnen,
die sie, für sich betrachtet, sowie in ihren Beziehungen zur Bau-
kunst und zu den Künsten überhaupt, im Alterthum besass.
Bei den Alten war es nach der Textrin die Keramik, die am
meisten zu der Befestigung und Bereicherung der Kunstformen-
sprache mitwirkte, indem letztere sich zum Theil nach der Ana-
logie des in der Keramik Gültigen modelte. Niemand verkennt
den Einfluss der Töpferscheibe auf die Entwicklung des dorischen
Echinus, 1 dessen Geschichte in der That mit der der korinthischen
Hydria parallel läuft. So auch lässt sich der Einfluss der Plastik
auf das Entstehen des korinthischen Kapitäls erkennen, sowie das
Gesetz des Gliederns und Verbindens der Theile durch trennende
und verknüpfende Symbole, wie es in der Säulenordonnanz gültig
ist, in dem Gesetze der Gliederung einer Vase enthalten ist.
Unzweifelhaft ist endlich der innigste Bezug zwischen Polychromie
1 Wir heben ihn nur heraus, weil er so eigentlich der Inbegriff des Gan-
zen ist: die Säule überhaupt ist keramisch gedacht.