Stereotomie (Steinkonstruktion). Technisch-Historisches." 411
Der grosse dorische Baugedanke, erhabener, lichter Gegen-
satz des düsteren vorhellenisch achäischen oder gräko-italischen
Fundamentbaus, ist demnach an sich unabhängig von der Stein-
tektonik, obschon er durch diese getragen erst seinen ächten for-
malen Ausdruck gewinnt. Es ist daher zwar gestattet sich das
dorische Prinzip, wie es im peripterischen Tempeldache enthalten
ist, als eine momentane Eingebung, ein^sofort Fertiges zu denken,
das als solches keine Entwicklungsgeschichte hat, sondern wie
Pallas Athene vollständig gerüstet geboren ward, aber niemals
räumen wir ein, dass dasselbe anders als durcli Uebergänge voll-
ständig klaren in allen seinen Theilen harmonischen Kunstaus-
druck habe gewinnen können. Vielmehr wurde es koncipirt in-
mitten der Verwirrung aller formalen Elemente, die sich erst
später in den verschiedenen Weisen sondern sollten, vor der
Einführung der Steinzimmerei in Griechenland, also auch vor
der Befestigung des durch den Steinstil bedungenen dorischen
Kanons..
Das Vorausgeschickte stellt sich gewissen in der Kunstge-
schichte geltenden Ansichten entgegen und führt zu Resultaten,
die den herkömmlichen Annahmen über die Entwicklung und das
respective Alter der erhaltenen Reste griechischer Baukunst in
manchen Punkten widersprechen. Wir wollen es versuchen hier-
auf fassend unsere Ansichten über die Ausbildung der grie-
chischen Steintektonik, über die verschiedenen Weisen, in welchen
sie auftrat und über das Verhalten der Monumente zu einander
in Bezug auf ihr respectives Alter an letzteren weiter zu ent-
wickeln, wobei wir den geneigten Leser ersuchen, die §§. 75
bis 80 des ersten und die §§. 116 bis 122 dieses Bandes hier
nochmals nachzulesen und besonders zu berücksichtigen, was
darin über den Einfluss der Töpferkunst auf die griechische Bau-
kunst und den merkwürdigen Zusammenhang zwischen der Ge-
schichte beider enthalten ist.
Eine in dem Folgenden angewandte Methode, gewisse charak-
teristische Verschiedenheiten in den Grundverhältnissen der Ord-
nungen zusammenzufassen, ist nur ein einfaches Vergleichsmittel,
soll keineswegs als ein den Alten oktroirter Kanon gelten,
wenn schon Fälle überraschenden Zusammentreffens gewisser ein-
fachster Grundverhältnisse, auf die sie hinweist, mit an bestehen-
den Monumenten Wahrgenommenem vorkommen.
Der grosse dorische Baugedanke, erhabener, lichter Gegen-
satz des düsteren vorhellenisch achäischen oder gräko-italischen
Fundamentbaus, ist demnach an sich unabhängig von der Stein-
tektonik, obschon er durch diese getragen erst seinen ächten for-
malen Ausdruck gewinnt. Es ist daher zwar gestattet sich das
dorische Prinzip, wie es im peripterischen Tempeldache enthalten
ist, als eine momentane Eingebung, ein^sofort Fertiges zu denken,
das als solches keine Entwicklungsgeschichte hat, sondern wie
Pallas Athene vollständig gerüstet geboren ward, aber niemals
räumen wir ein, dass dasselbe anders als durcli Uebergänge voll-
ständig klaren in allen seinen Theilen harmonischen Kunstaus-
druck habe gewinnen können. Vielmehr wurde es koncipirt in-
mitten der Verwirrung aller formalen Elemente, die sich erst
später in den verschiedenen Weisen sondern sollten, vor der
Einführung der Steinzimmerei in Griechenland, also auch vor
der Befestigung des durch den Steinstil bedungenen dorischen
Kanons..
Das Vorausgeschickte stellt sich gewissen in der Kunstge-
schichte geltenden Ansichten entgegen und führt zu Resultaten,
die den herkömmlichen Annahmen über die Entwicklung und das
respective Alter der erhaltenen Reste griechischer Baukunst in
manchen Punkten widersprechen. Wir wollen es versuchen hier-
auf fassend unsere Ansichten über die Ausbildung der grie-
chischen Steintektonik, über die verschiedenen Weisen, in welchen
sie auftrat und über das Verhalten der Monumente zu einander
in Bezug auf ihr respectives Alter an letzteren weiter zu ent-
wickeln, wobei wir den geneigten Leser ersuchen, die §§. 75
bis 80 des ersten und die §§. 116 bis 122 dieses Bandes hier
nochmals nachzulesen und besonders zu berücksichtigen, was
darin über den Einfluss der Töpferkunst auf die griechische Bau-
kunst und den merkwürdigen Zusammenhang zwischen der Ge-
schichte beider enthalten ist.
Eine in dem Folgenden angewandte Methode, gewisse charak-
teristische Verschiedenheiten in den Grundverhältnissen der Ord-
nungen zusammenzufassen, ist nur ein einfaches Vergleichsmittel,
soll keineswegs als ein den Alten oktroirter Kanon gelten,
wenn schon Fälle überraschenden Zusammentreffens gewisser ein-
fachster Grundverhältnisse, auf die sie hinweist, mit an bestehen-
den Monumenten Wahrgenommenem vorkommen.