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Sechstes Hauptstück.

bietet, geologisch zu ordnen. — Man findet nämlich, dass die ältesten
Topfwerke, in gewissem Sinne zugleich die unvollkommensten, alle aus
Stoffen bestehen, die durch die neuesten Erdbildungen entstanden sind.
Diese Erdarten sind zwar naheliegend und leicht zu gewinnen, jedoch auch
Thonbildungen ältester Formation liegen oft zu Tage, aber wurden im
Alterthum nie benützt, äusser von den Chinesen.
Im Gegentheil sind die modernen Töpferwerke, seit noch nicht
drei Jahrhunderten, aus Stoffen gemacht, die, obschon in vielen Fällen
zu Tage liegend, den ältesten Formationen und Erdschichten eigen sind.
Und, was das Merkwürdigste ist, die Töpferwaaren der mittleren Zeit,
wie die Fayencen und die Steinwaaren, sind aus Massen fabricirt, die dem
Mittelalter der Erdrinde eigen sind! Wenn wir daher unsere spezielleren,
stofflich - stilistischen Betrachtungen zunächst an die jüngsten Thon-
bildungen knüpfen und progressive zu den ältesten übergehen, so bietet
die chronologische Geschichte der Keramik dazu eine parallel fortlaufende
Reihe von erläuternden Beispielen.
Insofern diese Geschichte zugleich die dei’ Erfindungen ist, welche
für die Bearbeitung der Stoffe zu keramischen Zwecken gemacht wurden,
kann auch die Frage über die Abhängigkeit des keramischen Stils von
den Proceduren und Geräthen der Töpferkunst denselben stilhistorischen
Betrachtungen einverleibt werden. * 1 2

b Die Proceduren in der Keramik sind zusammengefasst folgende:
1) die Mischung der plastischen Masse; 2) die Formengebung; 3) das Ueberziehen
mit einer glasigen oder erdigen Kruste, in Verbindung mit der Dekoration durch Malerei
und Farben; 4) das Festen der Form, das Brennen.
1) Die Mischung hat den doppelten Zweck, die Homogeneität der Masse zu
bewerkstelligen und ihr physische und chemische Eigenschaften beizugeben,
die sie ursprünglich gar nicht oder in nicht zureichendem Grade besitzt.
2) Die Formgebung,
a) Das Modelliren aus freier Hand;
b) das Abformen (moulage), — dieses kann geschehen durch Eindrücken
der erweichten oder pulverisirten (trockenen) Masse in die Form, oder
durch Giessen der flüssigen Masse in dieselbe (coulage);
c) das Stempeln und Kartuschiren (moletage et estampage);
d) die Formgebung mit Hülfe der Drehmaschinen; nämlich
a) das Anlegen (Ebauchiren) mit Hülfe der Tretscheibe,
ß) das Vollenden mit der vertikalen Drechslerscheibe,
y) das Kalibriren mit Hülfe der Ghablone.
e) Verbindung der Theile. Löthung. (Das Ganze besteht aus nicht mehr
Theilen als es Glieder hat; — wo technische Gründe vorwalten, ein
grösseres Werk aus Theilen zusammenzusetzen, dort muss dessen Glie-
 
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