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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 2): Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München: Bruckmann, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.66815#0165
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Keramik. Technisch-Historisches.

151

Stofflich-Technisches.
Die Fayencepaste besteht aus gereinigtem Töpferthone (argile
figuline), Thonmergel und Sand.
Der Kalkgehalt beschränkt die Plasticität der Masse, macht sie bei
gewissem Hitzegrade schmelzbar, vermindert ihre Resistenz bei Temperatur-
wechseln, aber gibt ihr mehr Weisse, grössere Affinität mit der Glasur,
mehr Sonorität und Härte.1
Sie lässt sich plastisch mit der Hand sowie auf der Töpferscheibe
und der Drechslerscheibe behandeln. Auch zum Formen zeigt sie sich
bequem.
Die Porosität und graue unscheinbare Farbe der Paste versteckt
sich hinter einem dichten opaken Emailüberzug, der leicht Risse
bekommt und dessen Auftrag und Fixirung die grössten Schwierigkeiten
bei der Fabrikation dieser Waare bietet.
Diese Glasur ist stets opak, bleihaltig und zinnhaltig. 2
Der Auftrag geschieht entweder durch Immersion oder durch
Benetzung, er ist immer von gewisser Stärke, wesshalb die Feinheiten
und Schärfen einer Form durch den milchigen Brei abgestumpft werden. —
Die Fayence wird zweimal gebrannt, bei einer Gluth zwischen
Kirschroth- und Blassrothhitze. Der letzte Brand (zur Befestigung des
Email) ist der stärkste.
Das Email wird in der Masse gefärbt oder die (glasigen) Farben
werden nachher bei geringer Hitze auf die fertige Waare aufgesetzt.
Die Auswahl der Farben, die bei erstgenannter Procedur zu der Färbung
der Emailmasse tauglich sind, ist beschränkt. Antimoniumoxyd (Neapel-
gelb), Kobaltoxyd, Kupferprotoxyd, Manganperoxyd (violett). Die grösste
Schwierigkeit in der Technik bildet also der Emaillirungsprozess und
das dadurch bedungene starke Feuer.
Formelles.
Da das Schwierigste in dieser Technik die Hervorbringung grosser
vollkommen glatter Emailflächen ohne Flecken, Fehler und Risse ist, so
soll man diese nicht gewaltsam erzwingen, wo sie nicht noth-
wendig sind, vielmehr dieser Schwierigkeit aus dem Wege gehen.
1 Die Palissywaare hat am wenigsten Kalkgehalt, nur 1,52 p. e. Die Luca della
Robbia-Waare am meisten (22,40).
2 Die am meisten zinnhaltigen Glasuren sind die härtesten.
 
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