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Keramik. Technisch-Historisches.

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Ausserdem waren die Engländer, und speziell die Fabrikanten von
der Grafschaft Stafford, die Erfinder vieler neuer Proceduren, welche
die Erleichterung der Produktion der Fayence und zugleich ihre stofflich-
zweckliche und formal-dekorative Vervollkommnung bezwecken.
Doch mit dieser Rastlosigkeit des Strebens geht die wahre Vervoll-
kommnung der Waare nicht gleichen Schritt, am wenigsten ist dieses in
Beziehung auf das Formaldekorative der Fall.
So z. B. hat das gewöhnliche Tafelservice seit den leichten, fein
profilirten elegant-einfachen Schüsseln, Terrinen, Tellern u. s. w., wie
sie schon zu Anfang dieses Jahrhunderts zuerst aus Wedgwood’s Offizin
hervorgingen, die so recht den wahren Fayencestil tragen, fortwährend an
formalem Gehalte verloren, vorzüglich seit der Erfindung und Verbreitung
der weich und stumpf profilirten schweren Fayence, mit blauweisser1
Decke und grossblumig bunter Dekoration. Dieselbe hat eigentlich nur
der Ersparung des Kalibers ihren Ursprung zu verdanken, indem die
weichen und dicken Formen allerdings dem einfacheren und billigeren
Prozesse des Moulage ä la croüte2 mehr entsprechen.
Ueberhaupt beschränkt sich die Erfindung, von deren Rastlosigkeit
ich sprach, doch eigentlich nur auf das stets neu auftretende Suchen
nach leicht ausführbaren mechanischen Mitteln, wo doch fast unbegrenzte
Mannigfaltigkeit der dekorativen Ausstattung geboten ist; — denn alle
Proceduren plastischer und farbiger Dekoration finden bei der feinen
Fayence Anwendung; sie bietet in dieser Beziehung weit dankbareren
Stoff als das echte Porzellan und so viele andere Erfindungen, durch welche
die feine Fayence aus der eigentlichen Kunsttöpferei verdrängt wurde,
der sie doch mit vollstem Rechte angehört.
Es mag hier zur Bestätigung des Gesagten eine kurze Uebersicht
der dekorativen Mittel, die bei der feinen Fayence und überhaupt bei
der Töpferei in Betracht kommen, folgen.

1) Farbige Paste.
Nach Brogniart werden für feine Fayence nur Braunroth, Schwarz
und Gelb angewandt. Der Grund, warum andere Nuancen, z. B. das so
1 Ueber die vermeintlichen Verbesserungen der Massen und Glasuren durch
Erkünstelung eines bläulichen Weiss und das Vertilgen jeder Erinnerung an den Natur-
ton der Stoffe war schon früher (Band I, S. 189 ff. und sonst) die Rede. Weiteres
darüber unter Porzellan.
2 Vde. Brogniart I, pag. 137.
 
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