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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 2): Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München: Bruckmann, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.66815#0370
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356

Neuntes Hauptstück.

darstellen, auch als Entgegenstrebendes (gegen den Druck des Erdwalles
von Innen).
Ein nach dem Prinzip der Füllung und des Rahmens überall gleich-
mässig umsäumtes Quadergemäuer erscheint schwächlich, ist stilwidrig.
Sogar bei unbekleideten Backsteinstrukturen ist dieses zu vermeiden. Die
Füllung und der Rahmen sind nur bei Täfelungen statthaft, die aller-
dings auch in Stein konstruirt werden dürfen, in welchem Falle aber der
Fugenschnitt nicht als solcher hervortreten darf. Wegen des Zusammen-
hangs mit anderen, die Mauer des Ganzen betreffenden, Fragen mag
einiges noch hieher Gehörige erst später folgen.
Die einfachste Verkettung der Quader besteht aus ganz gleichen
Stücken, die in stets gleicher Weise über der Mitte des nächstunteren
Zusammenstössen. Alle dritten Stossfugen treffen in dieselbe Senkrechte.
Haben die Quader sehr lange Verhältnisse, so lässt man erst die
vierten, auch wohl die fünften Fugen in die gleiche Senkrechte fallen,
um dem Platzen der Quader bei eintretenden lokalen Senkungen des
Unterlagers vorzubeugen. Auch das ästhetische Auge verlangt diese
Sicherheit.
Wechseln hohe Schichten mit niederen der gleichen Steinart, so
sollten die niederen Quader kürzere Verhältnisse haben als die hohen.1
Sind die respektiven Höhen festgestellt, so stehen die respektiven
Längen im Verhältnisse der Quadrate der Höhen. Ist z. B. die niedere
Schicht halb so hoch wie die hohe, so wäre die Länge des kleinen Qua-
ders — der Länge des grossen, dividirt durch 4. Beträgt diese Länge
das Doppelte der Höhe des grossen, also das Vierfache der Höhe des
kleinen Quaders, so ist die Länge des kleinen Quaders = seiner Höhe.
Unter allen Verhältnissen des grossen Quaders fallen vier Quader von
halber Höhe auf seine Länge.
Die Rhythmik des Quadergeflechtes erhält eine konstruktiv-begrün-
dete Bereicherung durch die Abwechselung von Streckern und Bindern,
deren letzterer Stirnflächen gewöhnlich der quadratischen Form sich an-
nähern. Durch diese einwärts bindenden Elemente erhält die Mauer einen
Zuwachs an innerer struktiver Thätigkeit, die ihr ein gewisses Leben

Nach der Formel —
h'


worin h 1 die Dimensionen der niederen und

h' 1' die der hohen Quader bezeichnen. Ist z. B. 1' — 2 1, so verhalten sich die

Höhen nicht wie 1 zu 2, sondern wie 1 zu -
 
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