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C. Humann.
stechen, und oft trat die Sorge heran, ob uns das nur noch in dieser Campagne gelingen
würde. Ich hatte die Ausschachtung des langen Grabens nicht abgewartet, sondern schon
am 5. Mai nordöstlich der Hügelspitze oben am steilen Abhang in D 3 den Vorstoss in die
Hügelspitze begonnen, wo wir bald auf eine 3 m tief gehende, schlecht fundirte Mauer
stiessen, vor der noch ein Pflaster aus gebrannten Ziegelplatten lag. Weiter vorrückend
stiessen wir dann gleich darauf auf eine mächtige, aus grossen Steinen mit gutem Gefüge
aufgeführte Mauer, die 6 m tief verfolgt werden konnte und offenbar die alte Burgmauer
war. Der Abkarrung des Schuttes wegen, der den Abhang hinabgeworfen wurde, und
damit wir in gewisser Tiefe gegen die Spitze vordringen konnten, musste die Mauer durch-
brochen werden. Es konnten jedoch bei der Enge des Grabens nur wenige Leute hier
arbeiten; die Sohle des vordringenden Grabens lag 13 m über der Ebene, der Schuttabtrag
bestand aus Lehm und Brandschutt mit vielen Thonscherben gemischt.
Vom 22. Mai ab wurde auch von der entgegengesetzten Seite, nämlich vom Nord-
Ende des langen Grabens, in dem nunmehr nicht mehr alle Mann beschäftigt werden konn-
ten, gegen die Hügelspitze vorgedrungen. Ich steckte diesen Graben gleich zu 10 m Breite
ab, um möglichst tief gehen zu können, begann mit 50 Mann und konnte, da der Graben
gegen die Höhe anlief, dieselben in Etagen anstellen, damit sie beim Schuttabkarren sich
weniger hinderten. Der Schutt wurde an den Ostrand des Hügels geschafft. Das Durch-
schlagen dieses grossen Grabens durch die Hügelkuppe blieb die Haupt-Aufgabe bis zum
Schluss der Arbeiten.
Als kleine Neben-Arbeit ist noch zu erwähnen, dass in der nördlichen Hügelspitze
in J. 7 ein Vorstoss gemacht wurde, um ein etwaiges Thor zu finden, doch fand sich weder
Thor noch Mauer, sondern nur Erdschutt.
Auch an den Transport unserer Fundstücke wurde zeitig gedacht und in den letzten
Tagen der zweiten Maiwoche zunächst das Abmeisseln der 8 Reliefs vom Thore des grossen
Rundwalles begonnen. Dieselben wurden hinten so weit abgemeisselt, dass sie nur etwa
15 cm dick blieben und damit auf ein Gewicht von 5—10 Gentnern verringert wurden, wo-
mit sie sich der Leistungsfähigkeit der landesüblichen Wagen anpassten. Am 19. Mai wurde
der Abbruch der Thor-Reliefs begonnen und mit ihnen ebenso verfahren; am l.Juni war
auch diese Arbeit vollendet, und da am 26. Mai die Lieferung der längst bestellten Bohlen
und Pfosten zur Verpackung der Fundstücke begonnen hatte, konnte gleich mit dem Zim-
mern der Kisten begonnen werden, wobei sich unsere geschickten griechischen Steinmetzen
in. Zimmerleute verwandelten.
Wegen des Transportes nach Alexandrette hatte ich erst mit verschiedenen Tscher-
kessen aus Mar'asch und Umgegend verhandelt, aber abgebrochen, da sie 90 Mark pro Fuhre
verlangten und ich nicht über 65 zahlen wollte. Ich sandte dann am 26. Mai einen Mann
nach dem 25 Stunden entfernten Albistan, um 10 Wagen zu holen, die dann 68 Mark koste-
ten; für schwere Stücke auf besonderen Wagen mussten wir mehr zahlen, aber auch die
Tscherkessen fügten sich billigeren Bedingungen.
Die Herren von Luschan und Winter unternahmen eine Reihe von Ausflügen, so am
30. April über Keller nach dem 2 Stunden entfernten Tschertschinli, wo das Grab eines Ibrahim-
baba ein bei den Ansarie sehr beliebter Wallfahrtsort ist; am 1. Mai nach Jarpus, dem Gouver-
neur einen Besuch abzustatten; am 3. Mai westlich in’s Gebirge 8 km weit, um eine alte Burg,
Karafenk-Kalessi, zu besichtigen, wo sie aber nur Mittelalterliches fanden; am 4. Mai nach
dem 8 km nördlich liegenden Kasan-Ali, wo ein Bildwerk sein sollte, das sich als schlechtes
ionisches Capitell entpuppte. Am 6. Mai ritt Herr von Luschan nach Hassan-Bey-Köi, um
der armenischen Osterfeier beizuwohnen, und von da nach dem noch weitere 2 Stunden westlich
liegenden mittelalterlichen Castell Savranly-Kale. Am 7. Mai kauften wir das schon früher
erwähnte hittitische Relief in Keller für einige Mark. Am 8. Mai traf erst der für unsere
C. Humann.
stechen, und oft trat die Sorge heran, ob uns das nur noch in dieser Campagne gelingen
würde. Ich hatte die Ausschachtung des langen Grabens nicht abgewartet, sondern schon
am 5. Mai nordöstlich der Hügelspitze oben am steilen Abhang in D 3 den Vorstoss in die
Hügelspitze begonnen, wo wir bald auf eine 3 m tief gehende, schlecht fundirte Mauer
stiessen, vor der noch ein Pflaster aus gebrannten Ziegelplatten lag. Weiter vorrückend
stiessen wir dann gleich darauf auf eine mächtige, aus grossen Steinen mit gutem Gefüge
aufgeführte Mauer, die 6 m tief verfolgt werden konnte und offenbar die alte Burgmauer
war. Der Abkarrung des Schuttes wegen, der den Abhang hinabgeworfen wurde, und
damit wir in gewisser Tiefe gegen die Spitze vordringen konnten, musste die Mauer durch-
brochen werden. Es konnten jedoch bei der Enge des Grabens nur wenige Leute hier
arbeiten; die Sohle des vordringenden Grabens lag 13 m über der Ebene, der Schuttabtrag
bestand aus Lehm und Brandschutt mit vielen Thonscherben gemischt.
Vom 22. Mai ab wurde auch von der entgegengesetzten Seite, nämlich vom Nord-
Ende des langen Grabens, in dem nunmehr nicht mehr alle Mann beschäftigt werden konn-
ten, gegen die Hügelspitze vorgedrungen. Ich steckte diesen Graben gleich zu 10 m Breite
ab, um möglichst tief gehen zu können, begann mit 50 Mann und konnte, da der Graben
gegen die Höhe anlief, dieselben in Etagen anstellen, damit sie beim Schuttabkarren sich
weniger hinderten. Der Schutt wurde an den Ostrand des Hügels geschafft. Das Durch-
schlagen dieses grossen Grabens durch die Hügelkuppe blieb die Haupt-Aufgabe bis zum
Schluss der Arbeiten.
Als kleine Neben-Arbeit ist noch zu erwähnen, dass in der nördlichen Hügelspitze
in J. 7 ein Vorstoss gemacht wurde, um ein etwaiges Thor zu finden, doch fand sich weder
Thor noch Mauer, sondern nur Erdschutt.
Auch an den Transport unserer Fundstücke wurde zeitig gedacht und in den letzten
Tagen der zweiten Maiwoche zunächst das Abmeisseln der 8 Reliefs vom Thore des grossen
Rundwalles begonnen. Dieselben wurden hinten so weit abgemeisselt, dass sie nur etwa
15 cm dick blieben und damit auf ein Gewicht von 5—10 Gentnern verringert wurden, wo-
mit sie sich der Leistungsfähigkeit der landesüblichen Wagen anpassten. Am 19. Mai wurde
der Abbruch der Thor-Reliefs begonnen und mit ihnen ebenso verfahren; am l.Juni war
auch diese Arbeit vollendet, und da am 26. Mai die Lieferung der längst bestellten Bohlen
und Pfosten zur Verpackung der Fundstücke begonnen hatte, konnte gleich mit dem Zim-
mern der Kisten begonnen werden, wobei sich unsere geschickten griechischen Steinmetzen
in. Zimmerleute verwandelten.
Wegen des Transportes nach Alexandrette hatte ich erst mit verschiedenen Tscher-
kessen aus Mar'asch und Umgegend verhandelt, aber abgebrochen, da sie 90 Mark pro Fuhre
verlangten und ich nicht über 65 zahlen wollte. Ich sandte dann am 26. Mai einen Mann
nach dem 25 Stunden entfernten Albistan, um 10 Wagen zu holen, die dann 68 Mark koste-
ten; für schwere Stücke auf besonderen Wagen mussten wir mehr zahlen, aber auch die
Tscherkessen fügten sich billigeren Bedingungen.
Die Herren von Luschan und Winter unternahmen eine Reihe von Ausflügen, so am
30. April über Keller nach dem 2 Stunden entfernten Tschertschinli, wo das Grab eines Ibrahim-
baba ein bei den Ansarie sehr beliebter Wallfahrtsort ist; am 1. Mai nach Jarpus, dem Gouver-
neur einen Besuch abzustatten; am 3. Mai westlich in’s Gebirge 8 km weit, um eine alte Burg,
Karafenk-Kalessi, zu besichtigen, wo sie aber nur Mittelalterliches fanden; am 4. Mai nach
dem 8 km nördlich liegenden Kasan-Ali, wo ein Bildwerk sein sollte, das sich als schlechtes
ionisches Capitell entpuppte. Am 6. Mai ritt Herr von Luschan nach Hassan-Bey-Köi, um
der armenischen Osterfeier beizuwohnen, und von da nach dem noch weitere 2 Stunden westlich
liegenden mittelalterlichen Castell Savranly-Kale. Am 7. Mai kauften wir das schon früher
erwähnte hittitische Relief in Keller für einige Mark. Am 8. Mai traf erst der für unsere