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Die Säulenbasis

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Mächtigkeit hervortreten. Die Thiergestalten sind also als eine Zuthat animalischer Form
zu der tektonischen Form der unteren Säulen en digung zu betrachten. Der ganze Architektur-
theil der Säule, einschliesslich ihrer Basis, hat durch das Thier noch einmal ein besonderes
Postament bekommen.

Dieses Thierpostament ist im Grunde genommen nichts Anderes, als der untere Theil
eines zwischen zwei Öffnungen befindlichen Mauerstückes, welches so kurz ist, dass beide
Laibungsorthostaten unmittelbar zusammen treten. Dass die thierförmigen Laibungsorthostaten
mit frei vortretendem Vordertheil erst in unmittelbarer Anlehnung an die älteren nur in
Relief gehaltenen Orthostaten der Thoreingänge geschaffen worden sind, kann kaum be-

zweifelt werden, wenn man diese Schöpfung mit
den Laibungsorthostaten des Burgthores vergleicht.
Die Erfindung des ringsum freistehenden
Thierpostaments verdankt man demnach zunächst
der Baukunst. Die Statuenplastik hat sich jedoch
dieses ursprünglich rein architektonischen Motives
mit Begeisterung bemächtigt zur Aufstellung ihrer
Götterbilder. Die Architektur selbst lässt das
Motiv bald fallen. Dagegen beherrscht jene cha-
rakteristische Aufstellungsart, welche für Sen-
dschirli durch das Statuenpostament mit den Pferden
und ein ähnliches auf dem Burggipfel gefundenes
Fragment bestätigt ist, die sacrale Plastik und mit
dieser die Vorstellung von der Erscheinungsform1
der Götter überhaupt.
Die eigentliche Basis der Säule war also in
jedem Falle der hohe, fast kugelförmige oder halb-
kugelförmige Torus.
Auf diesem Torus aber scheint der Schaft
selbst ursprünglich wiederum nicht unmittelbar
gestanden zu haben, sondern erst unter Zwischen-
fügung eines Stückes von der Form einer Ein-
schnürung, wie sie der in den späteren Mauern
des oberen Palastes (S. 150) verbaute pracht-
volle Block auf Abb. 88 (vergl. Taf. XXXIII oben
links) enthält. Es sind 12 ornamentale Einheiten,



die man Blätter nennen kann, in 2 Reihen, welche, am. ss. Th^i »nersäuieniosis, gefimaen am ou™ Paust.
von den Lagerflächen des Blockes aus zur Mitte
gerichtet, hier in ihren Endigungen durch einen Wulst gleichsam eingeschnürt sind. Die
obere Lagerfläche charakterisirt sich durch das grosse runde Dübelloch, an welchem wir
nach dem früher (S. 123) Gesagten das ursprüngliche Aufsitzen von Holz, also hier der

hölzernen Säule, erkennen. Die Unterfläche ist glatt. Mittelrippen und Ränder der, gewissen
Formen des griechischen Spitzblatt-Kymation ähnlich sehenden Blätter sind durch je 2 flache
Rundstäbe gebildet; nur an 5 der Blattgrenzen der oberen Reihe verlaufen statt 2 deren 3.

Die Endigung der oberen Blattreihe ist derart geradlinig, dass man die Fortsetzung der

1 Die oft abgebildeten Reliefs von Maltai (vergl. Heft I, S. 23 und S. 43 Fig. 12) u. ä. sind zunächst nicht
etwa als Darstellungen der Götter selbst, sondern als Darstellungen von Götterbildern, vor denen ev. geopfert
wird, aufzufassen. In ähnlicher Weise giebt das häufig dargestellte Bild einer Figur in oben halbkreisförmiger
Umrahmung die gewöhnliche Form der reliefirten Stele deutlich wieder, so auf dem Siegelcylinder Sanherib’s
(Perrot-Chipiez, II Fig. 69, vergl. auch Fig.42) oder auf der Thür von Balawat (Perrot-Chipiez, II PL XII).

Mittheilungen aus den Orient. Samml. Heft XII (Sendschirli Heft II).

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