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Schleswig-holsteinischer Kunstkalender — 1913

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Literarische Beilage
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Krumm, Johannes: Schleswig-Holstein im Auge seiner Dichter, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22172#0046
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{Taufend quirlende ßlafen, 3er-
fd)äumender Sdjnee, jes.
Stdj entleerende Sintflut begießt
une die See, jsa
Und Jte 3fcl>t uns bjnab _ Da ge-
wahr tdj dos £and ^
Durdj die fprudelnde Strömung,
den rettenden Strand. j&
Jd) t>altc das Ruder. £i(ienPron.
Der Saum desftteeres und feine Sdjöpfung,
eine Ubergangsform, in feinem 6efomtein-
drurf me^r Wajfer als £and, ift die Htar fd).
$lad)wie der Spiegel des Ukeres, unbegrenjt
wie fein f)ort3ont, die 6el)öfte rote Jnfeln auf
dem grünen ©rasmeer fdjwimmend: fo ift die
Ularfdj ein landgewordenes Hteer, das die
Spuren des Urfprungs getreu feftyält. £0
ift an Jld) eine unfd)öne £andfd)aft, denn alles,
was fonft das 6tld des Landes reijooü mad)t,
6erg und JEal, 0eide und Wald, fet)lf. Jin
fld) au<^ poellelos, denn die tlatuv ift iljrer
Jretyeit beraubt und dem fltenfdjen unter*
worfen; Jie redet ntd)t oon fid), fit redet oon
dem Sttenfdjen und fetner Arbeit. <£s fd)etnt,
als fei die Poefte aus diefem Retdje oerbannt.
Der erfte 6ltd, der über die gleichmäßig ge-
wölbten Felder, die langen, fdjnurgeraden
<5räben gleitet, findet das 6ild eintönig und
nüchtern. Bber dod) l)at die HTarfd) ibren
Ket3, ja ibre tiefe und eigenartige Poefte. Wie
das Uteer, das über den Detdj in das £and
(te^t und feine Wolfen über den Gimmel fendet,
bat die Hlarfd) die Poe/ie der Wette und Un*
endlidjPett, denn bier (tnd Gimmel und <£rde
faft fo wenig begren3t, tote dort Gimmel und
Waffer. Jn der HIarfd) l)at dtefes 6ild nod)
eine befondere fanfte Järbung: Die Unend*
lid)Pett desHTeeres ift faft 3U gewaltig für das
fa^voaa^t Jttenfdjenl)er3, fie Ijat für sartere
Uaturen etwas beengendes, ßedrüdendesj in
der Wette derHtarfd) i>at der Ulenfdj ntdjt das
6etou)?tfetn der eigenen <Dl)ntnad)t. Denn der*
felbe 6ltd 3eigt Unwert und Wert, Kleinheit
und <5rö'fse des Däferns; derfelbe 6lid fübjrt
ins <£nge tote ins Wette, befreit und beruhigt.
Die UnendlidjPeit drürft hjer ntd)t als laftendes
©etotdjt, fondern umfüllt als wärmende Dede.
Demut und 5uoer|td)t, €brfurd)t und Danfc* oer-
etntgen ftd). Dtefe befondere ftrt der Ularfd)*
poefte entfaltet tyr Präfttgff es£eben in den fttllen
Sommertagen, wenn ©ottes reidjer Segen
auf den Feldern ftebt. Dann fpred)en <Erde und
f>immel in einem £one, und ein unfagbarer
UIärd)en3auber liegt an bellem läge über der
£andfd)aft. j^js,
„Die Sommerfftlle Bur3oor beginn der€rnte
lag über dem £ande Ditbmarfdjen. <f s waren
wunderfdjöne JTage, der eine fo Plar und Pöft*

üd) wie der andere. Das Sonnen(id)t oer-
brettete einen wal)rl>aft goldenen <5lan3 über
die wette Rornebene der fltarfd), die Dörfer
erfdjienen in blauem Duft, ein letfer Seewind
Pühjte die $i^e. Rein £aut war 3U ©ernennten,
bödjftens hjer und dort das fdjwerfällige tPan--
deln des i)tel)s auf den fetten Weiden, ein
Pur3es «ßebrüll der Rinder, ein ©djütteln der
Pferde. Sonft jene unb.etmliä^e Stille der
oölltgen «EtnfamPeit im goldenen £ageslid)t."

Bartels, Die Ditl>marfä^er.

<6an3 in diefem <5auber(ande in unbewußter
Seligkeit lebt das Rind, bei dem Sinne und
t>er3 noä^ frtfcf) (tnd und das mit der Uatur
oerPnüpfende 6and noa^ nicfyt 3erriffen. Bus*
gefproeb^en bat die töonne der Jugend am
innigften der Dichter, der wie Pein anderer
unferer Heimat aud) als Wann die VÖtlt nod)
mit Rtnderaugen anfab,, Rlaus <6tott>: jss

Un wat oaer'n Jeftdag is fon Summerdag
t)ocr Jungens, inne $rit>eit, inne Ularfd)!
Dod) b,ört dar'niHarfd)Ptnd to dat to begrtpen.
Dor redt de Gimmel würP(id) rund hierum
6et anne <£er, de <fer bet an den Gimmel.
De grot und blau dat gröne <Öras bededft
iHit WulPen, as man nargends WulPen fübt.
SDa gltdt fe bin! Un dodjen jagt er Statten,
iang't belle Rappfaatfeld, as jag de Uad)t,
Unflüdjftdj aewerüand-fofüüggt Peenüagel!
^ter drtppt fe l)er! Dor geit fe aewer l)in! -
Dod^rö^rtPeen^almltP, Pumtni ^uftnod)^on,
Un golden glänjt de Rappfaat as tooaer.
6lot as en lüttje Rollen ad)terna
Rumt en <ßerud), Ijalfßlom un balf as Lonnig -
De Jalen ftat un fnubbert ümme §öd).
So is de Sünndagsantog oun de HTarfd).
De durt ni lang, dod) is't oP ab,n ftns itPen,
Un wer dor Pumt un Pumt nt as to RarP,
De ftndt uns Herrgott nargends nod) Jln Ringer.
De £urPen jtngt, man meent, dat is en Cbor,
Sogar fon Junges h,ört dat mit üerwunnern.
(fnna de anner ftigt fe inne iuft
Und Jtngt und ftigt un flattert jümmer bö'ger,
Un drömtger un faa^ttt ward de ?Ton,
iEolefct mit langen Paufen blot en 2>witfd)ern -
Un dalwarts Pumt de Sänger, möd to Ueft!
Dod) annre ftigt to l)öd) und löft em af.
tjter mutt man Rtwitt oder RuPuP I)örn,
So löot man, dat bedü wat, wat fe repen.
Un mud) mit fragen: RuPuP ünnern t>eben,
SDa lang fd)aü tP leben l
Dar tredt na'n baben rop de f>tmmelsget|?,
,,^arm Wewers Jtttbud", as dat öolP fe nömt,
Jnn groten RrtnP, as gung dat ffeil bargan.
Un fe muß ffaebn bt jeden JlünPenflag!
fltan'fübt er na, as feeg man na en Pü.
6et fe de mitten Wulfen redt dar baben.
 
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