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BISTHÜMEE UND KLÖSTER, i. reihe: bisthümer.
Dem Ordensmeister Hermann v. Salza wurde in An-
erkennung seiner ausgezeichneten Dienste im J. 1219 vom
Könige Johann von Jerusalem für sich und seine Nach-
folger die Erlaubniss ertheilt, im schwarzen Ordenskreuze
das goldene Kreuz von Jerusalem führen zu dürfen.
Hermann v. Salza wurde sodann vom Kaiser Friedrich II.
ums Jahr 1224 in den Reichsfürstenstand erhoben und
ihm gestattet, im Schilde wie in der Fahne den schwar-
zen kaiserlichen Adler aufzunehmen.“
Der geschätzte Leser wird — soferne er eine ge-
wisse heraldische Routine sein Eigen nennen kann —
beim Prüfen der obigen Citate sofort neben dem urkund-
lich Sicheren und Beglaubigten gar manche Aufstellung
gefunden haben, die nicht auf den festesten Füssen steht.
So widerspricht die ganze Erzählung von dem Ursprünge
und der Vermehrung des Ordenswappens dem von mir
aufgestellten Codex des ächten alten Wappenrechtes in
der vollständigsten Weise. Aus diesem Grunde habe ich
auch nicht — wie es sonst richtiger gewesen wäre — die
auf das Wappen bezüglichen Notizen in dem heraldischen
Theile dieser Abhandlung gegeben, sondern bin dem Faden
der Vossberg’schen Erzählung ohne Unterbrechung gefolgt.
Wir haben nunmehr über die Begründung der Ordens-
macht in Preussen Einiges anzuführen. — Im J. 1225
liess der Herzog Conrad von Masovien dem Orden die
Lande Culm und. Löbau unter der Bedingung antragen,
dass derselbe Schutz gegen die verheerenden Einfälle der
Preussen gewähre.
Hermann v. Salza liess sich diese Schenkung vom
Papste, sowie 1226 auch von Kaiser Friedrich II. durch
eine besondere Urkunde bestätigen und zugleich auf künf-
tige Eroberungen und Erwerbungen in dieser Gegend
ausdehnen.
Im Frühjahre 1228 langte der vom Ordensmeister
zum Landmeister von Preussen ernannte Hermann
Balk mit einer Schaar Ordensbrüder an der Weichsel
an. Derselbe gründete die Städte Thorn und Culm, die
Burgen Marienwerder, Elbing, unterwarf sich 1284 — 35
die Landschaft Pogesanien. Hierauf erfolgte durch päpst-
liche Bulle vom 19. April 1235 die Vereinigung der Brü-
der des Ordens von Dobrin mit dem deutschen Orden,
der hiedurch ein Gebiet von 18 Quadratmeilen erwarb;
ferner wurde 1237 der Lievländisclie Schwertbrüderorden
mit dem deutschen Orden verbunden und Hermann Balk
zugleich zum ersten Landmeister in Lievland ernannt.
Nachdem der Orden die Einfälle des auf die wach-
sende Ordensmacht eifersüchtigen Herzogs Suantepolc
von Pomereilen, sowie der vereinigten Nathanger und
Ermländer siegreich bestanden, wurde durch den päpst-
lichen Legaten am 7. Febr. 1249 ein dauerhafter Friede
vermittelt, durch welchen der Orden seine erworbenen
Herrlichkeiten als gesichert betrachten konnte. Die fol-
genden Landmeister setzten das Werk der Unterwerfung
fort, und dürfte von denselben etwa noch Conrad von
Thierberg zu nennen sein, der 1274—75 die nachmalige
Residenz der Hochmeister, Marien bürg, gründete.
Nach dem Verluste Accons 1291 flüchtete der Hoch-
meister Conrad von Feuchtwangen mit seiner Umgebung
nach Venedig, welches er zum nunmehrigen Hauptsitze
des Ordens erhob. Indessen hielt sich schon Gottfried
von Hohenlohe meist zu Marburg in Hessen auf. Nach
seinem Tode 1309 verliess der neue Hochmeister Sieg-
fried von Feuchtwangen das bisherige Ordenshaupthaus
zu Venedig und wählte Marienburg in Preussen zur Re-
sidenz. Bald hierauf hörte die Würde des Landmeisters
in Preussen auf und es verblieb nur noch der Deutsch-
meister für die im Reiche belegenen Ordensbesitzungen
und der Meister in Lievland.
Die anderen Dignitäre (Grossgebietiger) des Ordens
waren: der Grosskomthur, der Obermarschall, der Oberst-
spittler, der Obersttrappier und der Ordenstressler.
Unter den folgenden Hochmeistern dauerten die
neuen Erwerbungen für den Orden fort, der unter Will-
rich von Kniprode zur höchsten Blüthe gebracht wurde,
um dann durch die berühmte Niederlage bei Tannenberg
am 15. Juli 1410 nur desto tiefer zu fallen. Es folgte
eine traurige Zeit für den Orden, dessen Besitz durch
den Abfall vieler Städte zerbröckelte und der sich der
Polen kaum mehr erwehren konnte. Nach einem drei-
zehnjährigen Kampfe kam 1466 der sehr demüthigende
Thorner Frieden zu Stande, durch den der Orden Pomerel-
len, die Landschaft Culm, die Komthureigebiete von
Marienburg, Danzig, Elbing und das Ermland an Polen
abtreten musste, nachdem er schon während des Krieges
die Neumark an den Churfürsten Friedrich II. von Bran-
denburg hatte verkaufen müssen. Für das übrige öst-
liche Preussen musste der Orden fortan den König von
Polen als Oberherrn anerkennen und jeder folgende Hoch-
meister dem Könige persönlich huldigen.
Seit dem Verluste Marienburgs 1456 wurde Königs-
berg die Residenz der Hochmeister. Der Hochmeister
Albreclit v. Brandenburg, welcher bestrebt war, die Un-
abhängigkeit des Ordens wiederherzustcllen, wurde da-
durch in einen Krieg mit Polen verwickelt, der von
1519-21 dauerte. Im Frieden zu Krackau 1525 wurde
die Ordensherrschaft in Preussen für immer aufgehoben
und Hochmeister Albrecht vom König von Polen mit
Preussen als einem erblichen Herzogthume belehnt. Hier-
auf bekannte sich Herzog Albrecht mit dem grössten
Theile seiner Ordensbrüder in Preussen, den Bischöfen
und dem Lande öffentlich zur lutherischen Lehre.
Hiergegen protestirte der Deutschmeister Dietrich
von Cleen in einer eigenen Druckschrift, welche er auf
dem Reichstage zu Speyer 1526 vertheilen liess. Weil
er sich aber zur Durchfechtung des zu erwartenden Strei-
tes zu alt und kraftlos fühlte, berief er die Land-Com-
menthure und Gebietiger des Ordens zu einem Capitel nach
Mergentheim auf den Sonntag nach St. Lucien 1526 und
gab das Deutschmeisterthum auf. An seine Stelle wurde
der Commenthur zu Frankfurt Walther von Cronberg Mon-
tag nach St. Thomas erwählt und vom Kaiser den
18. Januar 1527 bestätigt.
Der neue Deutschmeister entfaltete eine grosse Rüh-
rigkeit, erhob beim Kaiser eine schwere Klage gegen den
ehemaligen Hochmeister Albrecht, und erhielt von jenem
am 6. Dez. 1527 die Bestätigung des Ordensbeschlusses,
demzufolge Walther v. Cronberg auch zum Admini-
strator des Hochmeisterthums in Preussen er-
nannt wurde. Ferner vernichtete der Kaiser auf dem
Reichstage zu Augsburg 14 Nov. 1530 die Abmachungen
zwischen Herzog Albrecht und Polen, es erfolgten kaiser-
liche Gebotsbriefe, das Land Preussen an den neuen Hoch-
meister abzutreten, denen Albrecht natürlich keine
Folge leistete, man schritt zur Reichsacht, aber nicht zur
Achts-Execution, was das einzig Wirksame gewesen wäre.
Preussen war für den Orden verloren.
Den Ordensbrüdern in Lievland war schon früher
ihre Selbstständigkeit zurückgegeben worden. Es verblie-
ben somit nach so vielen Verlusten für den Orden nur
noch das Meisterthum in Mergentheim in Franken, die
Residenz des nunmehrigen Hoch- und Deutschmeisters,
und die elf Balleien Eisass und Burgund, Oesterreich,
Coblenz, Etsch oder Tyrol, Franken, Hessen, ^Alten-Biesen,
Westfalen, Thüringen, Lothringen und Sachsen. Von die-
sen wurde die Ballei Franken mit dem Hauptsitze Ellin-
gen durch Vertrag seit 1788 unmittelbar mit dem
Deutschmeisterthume vereinigt und erhielt keinen Land-
commenthur mehr.
Durch die französische Revolution verlor der Orden
alle Besitzungen jenseits des Rheins, also die Balleien
Lothringen und Altenbiesen gänzlich, die Balleien Coblenz
und Eisass zum grösseren Theile, von den Balleien West-
falen und Hessen einzelne Stücke. Die Einkünfte dieser
Besitzungen berechnete der Orden auf 395,604 Gulden.
Als Entschädigung wurden dem Orden zugetheilt
alle Mediatklöster in den Diöcesen Augsburg und Con-
i
BISTHÜMEE UND KLÖSTER, i. reihe: bisthümer.
Dem Ordensmeister Hermann v. Salza wurde in An-
erkennung seiner ausgezeichneten Dienste im J. 1219 vom
Könige Johann von Jerusalem für sich und seine Nach-
folger die Erlaubniss ertheilt, im schwarzen Ordenskreuze
das goldene Kreuz von Jerusalem führen zu dürfen.
Hermann v. Salza wurde sodann vom Kaiser Friedrich II.
ums Jahr 1224 in den Reichsfürstenstand erhoben und
ihm gestattet, im Schilde wie in der Fahne den schwar-
zen kaiserlichen Adler aufzunehmen.“
Der geschätzte Leser wird — soferne er eine ge-
wisse heraldische Routine sein Eigen nennen kann —
beim Prüfen der obigen Citate sofort neben dem urkund-
lich Sicheren und Beglaubigten gar manche Aufstellung
gefunden haben, die nicht auf den festesten Füssen steht.
So widerspricht die ganze Erzählung von dem Ursprünge
und der Vermehrung des Ordenswappens dem von mir
aufgestellten Codex des ächten alten Wappenrechtes in
der vollständigsten Weise. Aus diesem Grunde habe ich
auch nicht — wie es sonst richtiger gewesen wäre — die
auf das Wappen bezüglichen Notizen in dem heraldischen
Theile dieser Abhandlung gegeben, sondern bin dem Faden
der Vossberg’schen Erzählung ohne Unterbrechung gefolgt.
Wir haben nunmehr über die Begründung der Ordens-
macht in Preussen Einiges anzuführen. — Im J. 1225
liess der Herzog Conrad von Masovien dem Orden die
Lande Culm und. Löbau unter der Bedingung antragen,
dass derselbe Schutz gegen die verheerenden Einfälle der
Preussen gewähre.
Hermann v. Salza liess sich diese Schenkung vom
Papste, sowie 1226 auch von Kaiser Friedrich II. durch
eine besondere Urkunde bestätigen und zugleich auf künf-
tige Eroberungen und Erwerbungen in dieser Gegend
ausdehnen.
Im Frühjahre 1228 langte der vom Ordensmeister
zum Landmeister von Preussen ernannte Hermann
Balk mit einer Schaar Ordensbrüder an der Weichsel
an. Derselbe gründete die Städte Thorn und Culm, die
Burgen Marienwerder, Elbing, unterwarf sich 1284 — 35
die Landschaft Pogesanien. Hierauf erfolgte durch päpst-
liche Bulle vom 19. April 1235 die Vereinigung der Brü-
der des Ordens von Dobrin mit dem deutschen Orden,
der hiedurch ein Gebiet von 18 Quadratmeilen erwarb;
ferner wurde 1237 der Lievländisclie Schwertbrüderorden
mit dem deutschen Orden verbunden und Hermann Balk
zugleich zum ersten Landmeister in Lievland ernannt.
Nachdem der Orden die Einfälle des auf die wach-
sende Ordensmacht eifersüchtigen Herzogs Suantepolc
von Pomereilen, sowie der vereinigten Nathanger und
Ermländer siegreich bestanden, wurde durch den päpst-
lichen Legaten am 7. Febr. 1249 ein dauerhafter Friede
vermittelt, durch welchen der Orden seine erworbenen
Herrlichkeiten als gesichert betrachten konnte. Die fol-
genden Landmeister setzten das Werk der Unterwerfung
fort, und dürfte von denselben etwa noch Conrad von
Thierberg zu nennen sein, der 1274—75 die nachmalige
Residenz der Hochmeister, Marien bürg, gründete.
Nach dem Verluste Accons 1291 flüchtete der Hoch-
meister Conrad von Feuchtwangen mit seiner Umgebung
nach Venedig, welches er zum nunmehrigen Hauptsitze
des Ordens erhob. Indessen hielt sich schon Gottfried
von Hohenlohe meist zu Marburg in Hessen auf. Nach
seinem Tode 1309 verliess der neue Hochmeister Sieg-
fried von Feuchtwangen das bisherige Ordenshaupthaus
zu Venedig und wählte Marienburg in Preussen zur Re-
sidenz. Bald hierauf hörte die Würde des Landmeisters
in Preussen auf und es verblieb nur noch der Deutsch-
meister für die im Reiche belegenen Ordensbesitzungen
und der Meister in Lievland.
Die anderen Dignitäre (Grossgebietiger) des Ordens
waren: der Grosskomthur, der Obermarschall, der Oberst-
spittler, der Obersttrappier und der Ordenstressler.
Unter den folgenden Hochmeistern dauerten die
neuen Erwerbungen für den Orden fort, der unter Will-
rich von Kniprode zur höchsten Blüthe gebracht wurde,
um dann durch die berühmte Niederlage bei Tannenberg
am 15. Juli 1410 nur desto tiefer zu fallen. Es folgte
eine traurige Zeit für den Orden, dessen Besitz durch
den Abfall vieler Städte zerbröckelte und der sich der
Polen kaum mehr erwehren konnte. Nach einem drei-
zehnjährigen Kampfe kam 1466 der sehr demüthigende
Thorner Frieden zu Stande, durch den der Orden Pomerel-
len, die Landschaft Culm, die Komthureigebiete von
Marienburg, Danzig, Elbing und das Ermland an Polen
abtreten musste, nachdem er schon während des Krieges
die Neumark an den Churfürsten Friedrich II. von Bran-
denburg hatte verkaufen müssen. Für das übrige öst-
liche Preussen musste der Orden fortan den König von
Polen als Oberherrn anerkennen und jeder folgende Hoch-
meister dem Könige persönlich huldigen.
Seit dem Verluste Marienburgs 1456 wurde Königs-
berg die Residenz der Hochmeister. Der Hochmeister
Albreclit v. Brandenburg, welcher bestrebt war, die Un-
abhängigkeit des Ordens wiederherzustcllen, wurde da-
durch in einen Krieg mit Polen verwickelt, der von
1519-21 dauerte. Im Frieden zu Krackau 1525 wurde
die Ordensherrschaft in Preussen für immer aufgehoben
und Hochmeister Albrecht vom König von Polen mit
Preussen als einem erblichen Herzogthume belehnt. Hier-
auf bekannte sich Herzog Albrecht mit dem grössten
Theile seiner Ordensbrüder in Preussen, den Bischöfen
und dem Lande öffentlich zur lutherischen Lehre.
Hiergegen protestirte der Deutschmeister Dietrich
von Cleen in einer eigenen Druckschrift, welche er auf
dem Reichstage zu Speyer 1526 vertheilen liess. Weil
er sich aber zur Durchfechtung des zu erwartenden Strei-
tes zu alt und kraftlos fühlte, berief er die Land-Com-
menthure und Gebietiger des Ordens zu einem Capitel nach
Mergentheim auf den Sonntag nach St. Lucien 1526 und
gab das Deutschmeisterthum auf. An seine Stelle wurde
der Commenthur zu Frankfurt Walther von Cronberg Mon-
tag nach St. Thomas erwählt und vom Kaiser den
18. Januar 1527 bestätigt.
Der neue Deutschmeister entfaltete eine grosse Rüh-
rigkeit, erhob beim Kaiser eine schwere Klage gegen den
ehemaligen Hochmeister Albrecht, und erhielt von jenem
am 6. Dez. 1527 die Bestätigung des Ordensbeschlusses,
demzufolge Walther v. Cronberg auch zum Admini-
strator des Hochmeisterthums in Preussen er-
nannt wurde. Ferner vernichtete der Kaiser auf dem
Reichstage zu Augsburg 14 Nov. 1530 die Abmachungen
zwischen Herzog Albrecht und Polen, es erfolgten kaiser-
liche Gebotsbriefe, das Land Preussen an den neuen Hoch-
meister abzutreten, denen Albrecht natürlich keine
Folge leistete, man schritt zur Reichsacht, aber nicht zur
Achts-Execution, was das einzig Wirksame gewesen wäre.
Preussen war für den Orden verloren.
Den Ordensbrüdern in Lievland war schon früher
ihre Selbstständigkeit zurückgegeben worden. Es verblie-
ben somit nach so vielen Verlusten für den Orden nur
noch das Meisterthum in Mergentheim in Franken, die
Residenz des nunmehrigen Hoch- und Deutschmeisters,
und die elf Balleien Eisass und Burgund, Oesterreich,
Coblenz, Etsch oder Tyrol, Franken, Hessen, ^Alten-Biesen,
Westfalen, Thüringen, Lothringen und Sachsen. Von die-
sen wurde die Ballei Franken mit dem Hauptsitze Ellin-
gen durch Vertrag seit 1788 unmittelbar mit dem
Deutschmeisterthume vereinigt und erhielt keinen Land-
commenthur mehr.
Durch die französische Revolution verlor der Orden
alle Besitzungen jenseits des Rheins, also die Balleien
Lothringen und Altenbiesen gänzlich, die Balleien Coblenz
und Eisass zum grösseren Theile, von den Balleien West-
falen und Hessen einzelne Stücke. Die Einkünfte dieser
Besitzungen berechnete der Orden auf 395,604 Gulden.
Als Entschädigung wurden dem Orden zugetheilt
alle Mediatklöster in den Diöcesen Augsburg und Con-
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