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Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0014
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VIII

VORWORT

keinem Ausgräber erspart bleiben. Wir hatten es zu tun mit einem im Innern dicht
bevölkerten Stadtgebiet, das an seiner Peripherie immer hastiger gewerblich ausgenutzt
wurde, in welchem die eine zur Prüfung reizende Stelle von einem Hotel besetzt,
eine andere durch Strassen versperrt und der wichtigste Platz teilweise durch einen
arabischen Friedhof vor jeder Untersuchung geschützt war. Und doch lockte nicht nur
der Glanz des Namens der alten Ptolemäerresidenz, sondern noch mehr die Erinnerung
an so viele Funde, die von hier in die Museen Europas gelangt waren; auch der
Gedanke, dass ganze Sammlungen, wie die eines Drovetti, Salt, Mimaut, Minutoli, und
um neuere zu nennen, eines Ritter von Laurin, H. Hoffmann, Antoniadis, Giovanni
di Demetrio und Pugioli hier zusammengebracht worden waren. Immer wieder regte
sich die Hoffnung, dass der Boden noch nicht ganz erschöpft sein werde, der einst —
wie aus Lumbrosos Sammlung der Descrittori italiani dell’ Egitto e di Alessandria zu
ersehen war — jahrhundertelang einen so schwungvollen Antikenhandel befruchtet
hatte. Datierte doch schon vom Jahre 1624 eine von Michaelis (Ancient marbles
in Great Britain p. 188) aufgefundene Nachricht ,,that Alexandria, which was once
the retraict and deliciae Romanorum, hath yett about it more rare peeces, then
any part within the Leuant seas.“ Wieviel war noch zurückgeblieben, wo sollten
wir anfangen?

Wir wussten, dass es systematische Ausgrabungen mit wissenschaftlichen Zwecken
bis in die neueste Zeit nicht gegeben hatte, zwei Ausnahmen abgerechnet: die Aus-
grabungen der grossen französischen Expedition vom Anfang des vorigen Jahrhunderts
und die zur Aufname des Planes der antiken Stadt ausgeführten Untersuchungen des
Astronomen Mahmud el Falaki. Was ausserdem vor unserem Eintreffen in und ausser-
halb der Stadt geschehen war — die durchgreifenden Veränderungen der Boden-
verhältnisse an der Küste durch Festungsbau und dann wieder durch Wallabtragungen,
die Tätigkeit Pugiolis und seiner Vorgänger, Schliemanns verunglückter Grabungsversuch,
D. G. Hogarths in dem Archaeological Report 1894 —1895 des Egypt Exploration
Eund geschilderte Unternehmungen, die mit einem unberechtigt harten Urteil über die
Aussichtslosigkeit aller künftigen Ausgrabungen abschloss — das alles und vieles andere
wurde uns nach und nach erst bekannt oder erst verständlich, als wir in Alexandrien
mit den Dingen und Personen vertrauter wurden.

Die vorerwähnten ersten Terrainbesichtigungen brachten uns die Ueberzeugung,
dass es geraten sei, die Arbeiten am Rande des arabischen Hospitals zu beginnen und
zwar in der Gegend, wo kurz vorher ausser zahlreichen kleineren Architekturfragmenten
die merkwürdigen sogenannten „Schiess-Kapitäle“ gefunden worden waren, wo über
und unter der Erde die Riesensäulen lagen, von denen zwei seitdem von Johannes
Schiess-Pascha aufgerichtet worden sind, wo also jedenfalls ansehnliche Gebäude der
ptolemäischen Königspaläste angesetzt werden durften. So kamen wir unter den Schutz
des eben genannten, für die archäologischen Interessen Alexandriens so lebhaft ein-
genommenen Mannes, der damals noch das Gouvernements-Hospital der Stadt leitete.
 
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