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Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0024
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2

KAPITEL I

Die Ausdehnung dieses Gräbergebietes entspricht der geschichtlichen Grösse, der
weltbeherrschenden Bedeutung Alexandriens. Während wir von dem Glanze der eigent-
lichen Stadt, von dem, was die Bewunderung und das Staunen des Altertums erregte,
aus den Bildwerken und sonstigen Resten nur mühsam noch eine Vorstellung gewinnen,
erfahren wir aus den Gräbern mit aller Deutlichkeit, welche Volksmassen in der Stadt
beisammen gewohnt haben3, wie sich Rassen und Religionen durchkreuzten, Reichtum
und Armut mischte, und wir sehen die alte Erfahrung bestätigt, dass die Geschichte nicht
stirbt und dass die Traditionen den Untergang der Völker überdauern. Noch jetzt haben
die reichen Alexandriner im Osten der Stadt, an der Küste bis nach Ramleh hinaus,
ihre Villen, ganz ebenso wie einst unter den Ptolemäern und unter den römischen Kaisern
hier die vornehme Welt Alexandriens wohnte und auch begraben wurde. Noch jetzt
konzentriert sich das Leben der untersten Klasse der einheimischen Bevölkerung in der-
selben Gegend, welche einst den Keimpunkt der antiken Stadt bildete und welche schon
bewohnt war, ehe die Griechen mit Alexander und seinen Nachfolgern in das Land ein-
wanderten. Es ist dieser von den Aegyptern Rakoti benannte Stadtteil, das Gebiet von
Köm-esch-Schukäfa, in welchem — wie wir sehen werden — ägyptischer Kult und
ägyptische Sitte bis tief in christliche Zeit hinein lebendig geblieben sind. In dem Quartier
Rakotis lag das altägyptische Heiligtum, an dessen Kult das berühmte, unserem Gräber-
feld benachbarte Sarapeion sich anschloss. Wer sich in der Nähe des Stiergottes begraben
Hess, suchte gewiss dadurch seines Schutzes teilhaftig zu werden und so bekannten sich
noch um die Wende des ersten Jahrhunderts die Gründer der grossen Katakombe durch
die Reliefs ihrer Grabkammer als Diener des Apiskultes, wie sie und andere Grabbesitzer
der Umgegend in der Form der Bestattung in Gemeinschaftsgräbern, welche Herrschaft
und Gesinde umfassten, einheimischer Ueberlieferung folgten. Von hier aus erstreckt
sich die breite Zone der Katakomben noch in der Länge von mehr als sechs Kilo-
metern nach Westen bis an die Grenze des heutigen Meks, und in dieser Flucht von
Nekropolen, die wie ein Gürtel die antike Stadt umgeben, bildet Köm-esch-Schukäfa,
das heisst der „Scherbenhügel“4, ungefähr die Mitte und für unser jetziges Wissen den
wichtigsten Knotenpunkt.

Der letzte genauere Kenner der alexandrinischen Gräberwelt, Giuseppe BottL, unter-
schied in der westlichen Nekropole Alexandriens fünf von Westen nach Osten aufeinander-
folgende Abschnitte, deren Inhalt er mit folgenden kurzen Worten charakterisiert hat:

1. Meks;

2. Souk-el-Wardiana (temple Souterrain, taricheae, hypogees ptolemaiques et
romaines);

3. Olim Koubebah (hypogees de la premiere epoque romaine, sarcophages en
granit gris);

4. Mafrousa (hypogees d’epoque antoninienne et d’epoque byzantine);

5. Gabbari (hypogees d’epoques ptolemai'que et romaine, chapelles funeraires
chretiennes);
 
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