Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Editor]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0043
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
KAPITEL IV

2 I

Diese bot sich, als im Jahre 1876, vermutlich bei der Demolierung der Wescherschen
Katakombe, in unmittelbarer Nahe derselben durch Steingräber ein neues christliches
Grab, die sogenannte Capelia dei Rufini, gefunden wurde. Auch sie ist von den stein-
brechenden Arabern wieder zerstört worden. Nur mit Mühe und nach langem Suchen
hat Botti die Stelle beider Gräber ermittelt; sie lagen am nordöstlichen Rande des
Schukafa-Hügels; die Kapelle der Rufini näher bei dem arabischen Dorfe KarmouzA
Was wir von letzterer wissen, verdanken wir allein der Beschreibung von Neroutsos;
eine Planaufnahme ist nicht vorhanden. Bei der Spärlichkeit sicherer Nachrichten über
die Schukafa-Nekropole müssen wir wenigstens den Typus beider Gräber mit kurzen
Worten zu charakterisieren versuchen.

Die Katakombe Weschers bestand aus mehreren Stockwerken, von denen leider
nur das oberste zugänglich war und untersucht wurde. Die Anordnung der Räume war
nicht symmetrisch, vielleicht weil die Nähe der angrenzenden Gräber eine regelmässige
Planentwickelung unmöglich machte. Die Treppen führten in einen Hauptsaal, der an
der einen Schmalseite (nach Westen) zu einer Apsis erweitert war, an der anderen in die
gewöhnliche Galerie der loculi auslief. In der einen Ecke dieses durch seine Malereien
ausgezeichneten Saales lag der ,,Brunnen“. Neroutsos beschreibt ihn14 als ,,un puits
quadrangulaire, qui mene au sous-sol et conduits dans deux petites chambres funeraires
ecroulees et comblees“. Er diente mit seinen Tonröhren (des tuyaux en terre cuite
encastres avec du ciment dans une goulotte creusee eile meine dans le roc) zur Lüftung
der tiefer liegenden Grabkammern. An der Langseite des Saales, den Treppen gegen-
über, schloss sich eine kleinere, oblonge Kammer, ein cubiculum memoriae (xotjr^piov,
[iVYjjjLstov) mit drei Arkosolien an. de Rossi hat die Gemälde (vergl. Textbild 18) dem
vierten, wenn nicht dritten Jahrhundert n. Chr. zugeschrieben, andere haben das Grab
in das fünfte oder sechste Jahrhundert gesetzt. Die Rätsel der Schukafa-Nekropole
beginnen schon mit dieser Katakombe, denn es ist wahrscheinlich, wenn nicht sicher,
dass die Anlage in heidnische Zeit zurückreicht, und erst nachträglich für christliche
Zwecke umgeändert wurde15, ein Eall mehrmaliger Verwendung desselben Grabes, den
wir von nun an sich regelmässig wiederholen sehen werden.

Diese frühe Ansetzung wird empfohlen durch gewisse Eigentümlichkeiten der
baulichen Anlage, welche nur aus altheidnischer Gräbersitte erklärt werden können,
christlichen Gebräuchen aber durchaus widersprechen.

Charakteristisch ist vor allem der Einsteigeschacht im nordöstlichen Winkel des
Lichthofes F, dessen Einzelheiten allerdings erst bei einer umständlichen Prüfung der
von Wescher und Neroutsos gegebenen Beschreibung und ihrer bildlichen Skizzen
verständlich werden.

Charles Wescher16 hat das Verdienst bei seinem Besuch Alexandriens im Jahre 1864
einen jungen Architekten der französischen Ecole des beaux arts zu einer Aufnahme des
damals noch verhältnismässig guterhaltenen Grabes und eines Teiles seiner Gemälde
angeregt zu haben. Diese Zeichnungen, namentlich die beiden Querschnitte und das
 
Annotationen