Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sieglin, Ernst von; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 1,1): Die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa — Leipzig, 1908

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27160#0156
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
134

KAPITEL XIV

eingefasste Türform auf, die eine Hohlkehle bekrönt. Zwischen Hohlkehle und Türsturz
schiebt sich, ägyptischer Sitte entsprechend, ein Rundstab bei den beiden Seitennischen
der Vorkammer ein. Die Haupttür wird von einem schmalen Leistenrahmen eingefasst,
der den sonst hier üblichen Rundstab verdrängt hat und über dem sich die Hohlkehle
mit dem heiligen, alten Symbol der geflügelten Sonnenscheibe erhebt, während ein Fries
aufrechter Uräen den Abschluss nach oben bildet.3 Um nur einige Parallelen aus der
ägyptischen Spätzeit zu nennen, so mag man die Scheintür im Grab des Aba4 oder ein
Parade-Totenbett in Berlin 124415 vergleichen. In der ägyptischen Kunst Alexandriens
ist das Motiv häufig bei den Totenstelen aus Gabbari und Eleusis6, die ja eine so

merkwürdige Kreuzung zwischen der griechischen Grab-
stele mit der Darstellung des Toten oder dem Toten-
mahl häufig in architektonischem Rahmen und der
ägyptischen Scheintür darstellen. Gerade die Vorstellung
vom Totenmahl wird die Verschmelzung erleichtert haben;
denn es ist altägyptischer Glaube, dass der Tote oder
doch sein Kai durch die Scheintür aus dem Jenseits an den
Opferaltar vor der Tür tritt, um die Opfer zu gemessen.'

Die geflügelte Sonnenscheibe kehrt in dem Grab
wieder am Architrav des Eingangs zur Vorkammer. Die
Anordnung des Gesimses ist hier ungewöhnlich: in rein
ägyptischer Kunst würde man die Sonnenscheibe unter
dem Rundstab und eine Hohlkehle über dem Rundstab,
oder auch über dem Rundstab Hohlkehle mit Sonnen-
scheibe erwarten.8 Die hockenden Falken rechts und
links von den Flügeln der Scheibe finden wir auf einem
gleichfalls aus Köm-esch-Schukäfa stammenden kleinen
Architrav wieder." Wenn ich sie auch in älterer ägyptischer
Kunst an dieser Stelle nicht nachweisen kann, so ist der Gedanke, sie hier anzubringen,
gut ägyptisch: Neben die Inkorporation des Har Behudet, der als geflügelte Sonnenscheibe
seinen Gegner Set-Typhon schlug, tritt die gewöhnliche Gestalt des Horus, der Falke.
Zwischen den Uräen erscheint die Sonnenscheibe im Innern der Hauptkammer über
dem umlaufenden Eierstab in den drei Giebelfeldern der Nischen und über der Tür.

Endlich sehen wir die einfache Sonnenscheibe noch einmal im Tympanon über
dem besprochenen Architrav. So schmucklos erscheint sie in altägyptischer Kunst an
solcher Stelle sonst nicht, wenn auch die ungeflügelte Sonne am Eingang der Gräber
einigemal vorkommt.10 Auch hier ist wohl griechischer Einfluss spürbar, denn an der
gleichen Stelle finden wir nicht selten in griechisch-römischer Kunst eine Patera oder auch
eine Rosette, die der Aegypter hier gleichsam zur Sonnenscheibe umgedeutet hat.11

Die Entwickelung des ptolemäischen Kapitells, die kürzlich eine unzulängliche
Darstellung erfahren hat13, wird an anderer Stelle von Schreiber ausführlich dargetan.
 
Annotationen